• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Wer denkt, dass er beim Einkaufen freie, rationale Entscheidungen trifft, der liegt gründlich falsch. Unsere Entscheidungen sind abhängig von unserer Biologie, genauer gesagt von den Mechanismen unserer neuronalen Schaltzentrale, unserem Gehirn. Und das wird manipuliert.

Lange Zeit gingen Konsumforscher davon aus, dass der Mensch ein ökonomisch und rational denkendes Wesen ist, viele tun es heute noch. Das ist eigentlich erstaunlich, denn jede Erfahrung spricht dagegen: Rabattschilder legen die Vernunft lahm, prominente Gesichter machen Produkte attraktiver, auf Ungesundes haben wir mehr Lust als auf Gesundes und wer einmal hungrig einkaufen gegangen ist, der weiß nur zu genau, wie massiv der körperliche Zustand sich auf Entscheidungen auswirken kann.

"Unsere Entscheidungen werden im Gehirn getroffen. Und unser Gehirn ist nun mal ein biologisches System und unterliegt damit auch biologischen Mechanismen."

Unsere Entscheidungen basieren vielmehr auf bestimmten neuronalen Strukturen und sind zu großen Teilen automatisiert, meint Bernd Weber, Vorstandsmitglied des Center for Economics and Neuroscience der Universität Bonn und Leiter der Abteilung Neuroimaging der Life & Brain GmbH, einer Ausgründung der Uni Bonn. Mittels bildgebender Verfahren beobachten er und andere Neurowissenschaftler, was im Gehirn passiert, wenn wir Entscheidungen treffen. So wollen sie systematische Entscheidungsverzerrungen verstehen und auch Manipulationsmöglichkeiten erforschen.

Dopamin knipst unser Belohnungszentrum an

Bei wertebasierten Entscheidungen, so Weber, spielen im Gehirn vor allem drei unterscheidbare Systeme eine wichtige Rolle:

  • das Belohnungssystem
  • das Schmerzsystem
  • die bewusste Selbstkontrolle

Indem er Probanden im Kernspintomografen Produkte bewerten und kaufen lässt, kann er zum Beispiel zeigen, dass beim Anblick von Rabatten das Belohnungszentrum im Gehirn aktiver wird. Das Ergebnis: Dopamin verschafft Glücksgefühle, und das kann ein bestimmtes Verhalten fördern. Im Grunde ist das dasselbe Prinzip wie bei der Hundeerziehung per Leckerli. Den gleichen Mechanismus lösen auch der Anblick von Drogen bei Süchtigen, von Comicfiguren bei Kindern oder von Sportwagen bei Männern aus. Und das hilft natürlich den Marketingabteilungen.

Preise, die weh tun

Bei Anblicken von Preisen springt dagegen das Schmerzareal im Gehirn an, analog zu körperlichen Schmerzen. Trotzdem, ergänzt Weber, sind wir unseren neuronalen Automatismen nicht völlig ausgeliefert: Durch Training können wir Selbstkontrolle lernen. Immerhin. Und auch die Lebensverhältnisse beeinflussen Entscheidungen.

Den mündigen Verbraucher gibt es nicht

"Mythos mündiger Verbraucher " der Konsument aus Sicht der Verhaltens- und Hirnforschung“ so lautet der Titel des Vortrags von Bernd Weber, den er am 25. Februar 2016 im Rahmen der Reihe Dialog im Museum gehalten hat, die die Daimler-und-Benz-Stiftung im Stuttgarter Mercedes-Benz-Museum organisiert.

Mythos Mündiger Verbraucher: Der Konsument aus Sicht der Verhaltens- und Hirnforschung (Die Folien zum Vortrag)

Mehr zum Thema:

Shownotes
Konsumverhalten
Die Biologie des Kaufens
vom 16. April 2016
Moderatorin: 
Katrin Ohlendorf
Vortragender: 
Bernd Weber, Universität Bonn