Eigentlich passt der Begriff des Fundamentalismus so gar nicht zum Judentum. Schließlich geht es in der jüdischen Religion ganz wesentlich darum, die Bibel zu interpretieren, zu hinterfragen und Textstellen unterschiedlich auszulegen
Wenn wir von Fundamentalismus sprechen, dann meinen wir damit in der Regel religiöse Ideologien, die sich auf eine Grundlage, ein Fundament, berufen – zum Beispiel auf eine heilige Schrift, die als unanfechtbar und unhinterfragbar gilt. Genau diese Definition passt eigentlich nicht zur jüdischen Religion. Man könnte daher meinen, der Begriff "jüdischer Fundamentalismus" sei ein Widerspruch in sich. Aber leider ist dem nicht so. Warum, das zeigt der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik.
"Die wenigen Siedler leben dort in abgesicherten, vom israelischen Militär bewachten Zonen, inmitten einer feindseligen Bevölkerung, die sie selbst zutiefst verachten."
Jüdischer Fundamentalismus, sagt Brumlik, ist ein Produkt der Moderne und kommt in ganz unterschiedlichen Formen daher. Da gibt es den gewalttätigen Terror radikaler Siedler in den besetzten Gebieten, oder den ultra-orthodoxen, anti-zionistischen Fundamentalismus im Exil lebender Juden, die sich in ihrer Ablehnung des Staates Israel stellenweise sogar mit anti-israelischen Islamisten zusammentun.
"Aus verschiedenen Siedlungen ist eine Bewegung hervorgegangen, die als besonders aggressiv gilt, weil sie immer mal wieder Palästinenser, auch nicht radikale Palästinenser, angreift, manchmal sogar umbringt, die so genannte 'Hügeljugend', die 'No'ar HaGva'ot'."
Micha Brumlik war bis zu seiner Emeritierung Professor an der Goethe-Universität Frankfurt. Als Jugendlicher war er Mitglied einer zionistischen Jugendorganisation und hat zwei Jahre lang in Israel in einem Kibbuz gelebt. Er hat Israel kritisiert und verteidigt und ist einer der führenden deutschen Spezialisten zur Geschichte und gegenwärtigen Situation des Judentums. Sein Vortrag hat den Titel "Jüdischer Fundamentalismus – ein Produkt der Moderne". Er hat ihn am 5. Juli 2017 in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München gehalten.
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