Weitestgehend fehlen die Konzepte, wie deutsche Städte mit Hitzewellen umgehen können, sagt die Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann. Städte wie Paris und Singapur seien gute Beispiele, von denen wir lernen können.
Bedingt durch den Klimawandel werden extreme Wetterphänomene künftig häufiger auftreten, prognostizieren Forschende. Dazu zählen zum Beispiel auch lang anhaltende Hitzewellen. Auch hier in Deutschland. Dafür sind unsere Städte nicht konzipiert. Aus diesem Grund leitet das Bundesgesundheitsministerium die Beratungen für einen nationalen "Hitzeschutzplan für Gesundheit".
Ideen, um Warnungen vor und Reaktionen auf große Hitze besser zu koordinieren, gibt es bereits. Dadurch will man vor allem vulnerable Bevölkerungsgruppen besser schützen. Beispielsweise sieht der Bund auf lange Sicht mehr Grün- und Schattenflächen für die Städte vor.
Städte: Asphaltwüsten, die sich schnell aufheizen
Die Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann berät die Bundesregierung in diesen Fragen. Dennoch ist ihr Denkansatz etwas weitgreifender und geht noch einen Schritt weiter. Sie sieht die Aufgabe nicht darin, Grünflächen zu einer Stadt hinzufügen, sondern die Stadt als solche als einen Park zu denken und auf diese Art umzugestalten.
"Es wäre gut, wenn so eine Stadt ein Konzept hätte. Ein gutes Konzept wäre, dass nicht Parks in Städten sind, sondern dass eine Stadt ein Park ist."
Vielen Städten fehle ein Konzept, um mit extremen Temperaturen umzugehen, kritisiert die Umweltmedizinerin Ulrike Traidl-Hoffmann. Neben Grünflächen seien auch Blauflächen, also Wasserläufe und Seen wichtig, um für Abkühlung in den Städten zu sorgen, sagt sie.
"Da muss man erst mal anfangen, dass man nicht so baut wie im letzten Jahrtausend, sondern so baut, dass man in 40 Jahren noch darin wohnen kann."
Aber nicht nur landschaftliche Veränderungen seien notwendig, sondern auch für den Gebäudebau hält sie neue Herangehensweisen für unausweichlich, um für künftige Hitzewellen gewappnet zu sein.
"Die Hitzeschutzpläne bedeuteten, dass wir mittel- und langfristig ganz anders bauen müssen: Wir brauchen die Stadt der Zukunft."
Um beispielsweise auch in 40 Jahren noch in den Häusern leben zu können, die heute gebaut werden, geht die Forscherin davon aus, dass eine Abkehr vom Bau mit Stahlbeton notwendig ist. Denn Stahlbeton heize sich auf und heize - ähnlich wie Heizstäbe - nachts noch nach, erklärt die Wissenschaftlerin. Viel nachhaltiger sei es mit Holz zu bauen. Solche Gebäude seien kühler, sagt Claudia Traidl-Hoffmann.
Hitzeschutz: Singapur, Paris und Mannheim als positive Beispiele
Während in Singapur viele vertikalen Flächen so gebaut werden, dass sie begrünt werden können, gibt es in Paris die Möglichkeit, in mehr oder weniger jedem Supermarkt die eigene Wasserflasche kostenlos aufzufüllen. Und auch beim Ausbau von Radwegen sei hier viel getan worden. Solche Konzepte vermisst die Forscherin hier in Deutschland.
Als positive Beispiele in Deutschland nennt sie Mannheim, Nürnberg und Straubing. In Mannheim gebe es beispielsweise eine App, in der alle Trinkbrunnen der Umgebung verzeichnet seien. Denn auch solche Maßnahmen sind bei akuter Hitze lebenswichtig.
Bei größeren Städten wie Berlin und München sieht sie noch großen Bedarf an guten Konzepten. Denn besonders die größeren Städte seien "Asphaltwüsten", die sich stark aufheizten, sagt die Umweltmedizinerin.
"Wenn man sich mal Singapur anschaut: Da ist jedes Hochhaus mit Bäumen ausgestattet. Das bedeutet, die Hochhäuser selbst können eine Grünfläche werden. Das kühlt eine Stadt auch runter."