22 Männer arbeiten Schätzungen zufolge in Deutschland als Hebamme. Tobias Richter ist einer von ihnen. Der 23-Jährige liebt seinen Job, für den es seiner Meinung nach vor allem zwei Dinge braucht: Empathie und Durchhaltevermögen.
Eine gute Schicht im Berufsalltag von Tobias Richter braucht vor allem eins: Genug Zeit, um Paaren eine wirklich gute Geburt zu ermöglichen. Zeit, in denen Tobias nicht für zwei, drei oder vier Geburten gleichzeitig zuständig ist, sondern in der er eine Eins-zu-Eins-Betreuung leisten kann. "Den Müttern gerecht zu werden ist ein richtig großer Punkt in dem Ganzen."
"Kreißsaal-Tür zu, Hebamme drin, komme was wolle. Das sind eigentlich die schönsten Geburten."
In der Realität sind solche Schichten allerdings die Ausnahme, sagt Tobias. In den meisten Schichten muss er hin und her laufen und mehrere Paare in unterschiedlichen Stadien des Geburtsprozesses begleiten. "Du kannst mit so einem Arbeitspensum nicht allen so gerecht werden, wie sie es brauchen", sagt er. Oft beendet er seine Schicht auch nicht nach den eigentlich vorgesehenen achteinhalb Stunden.
Hebamme statt Entbindungspfleger
Früher hießen männliche Hebammen noch Entbindungspfleger, aber seit die Hebammenausbildung Anfang 2020 reformiert wurde, gilt die Bezeichnung Hebamme für Alle – egal welchen Geschlechts. In seinem Berufsfeld ist Tobias aber die absolute Ausnahme. Tobias Richter zufolge sind nur 22 der rund 26.000 Hebammen in Deutschland Männer.
"Dass man empathisch auf die Frauen zugeht, die Bedürfnisse der Frauen wahrnimmt und erkennt und sie so gut wie es geht, betreut. Das macht für mich eine gute Hebamme aus."
Auf Instagram berichtet Tobias unter dem Namen "Hebamme Tobi" von seinem Klinikalltag. "Motivation ist alles im Kreißsaal", sagt er. Einer der häufigsten Sätze, die Tobias während einer Geburt sagt: "Du hast es gleich geschafft."
Dass Paare sagen, sie möchten keine männliche Hebamme, komme vor, sagt Tobias, passiere aber nur selten. Schwieriger hatte Tobias es in seiner Ausbildungszeit. "Dort war es einfach noch nicht Zeit, dass man als Mann Hebamme wird", sagt er. "Und es war auch nicht gewünscht."
"So divers die Frauen und Paare sind, die wir begleiten, so divers ist auch unser Hebammen-Beruf."
Auch wenn die Ausbildungszeit herausfordernd war, liebt Tobias seinen Job. Dabei zu sein, wenn ein neues Leben auf die Welt kommt und zu beobachten, was ein Körper während einer Geburt leisten kann, ist für Tobias immer wieder faszinierend.
Doch so sehr Tobias seinen Job liebt – er kritisiert auch offen die Arbeitsbedingungen, unter denen Hebammen in Deutschland arbeiten. Egal, ob es die Höhe der Haftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen oder die Überlastung im Klinikalltag ist.
"Wir haben in Deutschland keinen Mangel, sondern wir haben Hebammen, die weggelaufen sind von diesem System."
Auch viele Gewalterfahrungen, die viele Frauen im Zuge der Geburt machen müssen, stehen in Tobias Augen in Zusammenhang mit dem Zeitdruck, unter denen Hebammen in Deutschland arbeiten müssen.
Das ganze Gespräch mit Tobias Richter hört ihr im Deep-Talk-Podcast oder wenn ihr oben auf den Play-Button klickt.
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