Laut der Organisation "Hate Aid" sind Frauen drastischer von Gewalt im Netz betroffen als Männer. Es geht dabei viel um sexualisierte Gewalt. Aber Frauen können und sollten sich dagegen wehren.
Die Organisation "Hate Aid" beschäftigt sich mit digitaler Gewalt. Menschen, die im Netz angefeindet werden, können dort Hilfe suchen. Solche Anfeindungen kommen häufig über die Kommentarspalten, Privatnachrichten oder auch per E-Mail, sagt die Geschäftsführerin von "Hate Aid" Josephine Ballon. Sie stellt fest, dass die Gewalt gegen Frauen im Netz sehr sexualisiert ist und immer unter die Gürtellinie zielt.
"Es geht immer nur ums Aussehen. Es geht um die Sexualität und das Geschlecht per se."
Josephine Ballon ist der Ansicht, die Gewalt im Netz an sich gegen Frauen, Mädchen und weiblich gelesene Personen hat sich zuletzt nicht verändert, sondern vielmehr die Technologie, die da hinter steht. "Das heißt, es gibt jetzt nicht mehr nur Hasskommentare und E-Mails, sondern eben auch pornografische Deepfakes, die erstellt werden", sagt sie. Frauen bekämen außerdem massenweise Dickpics über die Privatnachrichten zugeschickt – also Fotos von männlichen Geschlechtsteilen. Über Messengerdienste würden sich solche Bilder zudem schneller verbreiten als früher.
Frauen können sich gegen Dickpics und Co. wehren
Frauen haben Möglichkeiten dagegen vorzugehen, erklärt die Geschäftsführerin von "Hate Aid". Das setze allerdings voraus, sich das überhaupt zu trauen. "Denn, wenn man auf so eine sehr sexualisierte Weise beschimpft wird, wenn es um den eigenen Körper geht, dann ist da natürlich auch ganz viel Scham", sagt sie. Viele Betroffene wollen dann über das Erlebte gar nicht sprechen, etwa um bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Josephine Ballon findet, es muss eine Umgebung geschaffen werden, in der sich Frauen sowas aber trauen können.
Opfer von Hasspostings in allen Schichten
Die Geschäftsführerin von "Hate Aid" sagt, dass sich häufig Frauen aus den verschiedensten Lebensbereichen an die Organisation wenden. Aber auch Männer melden sich. Auch Menschen, die wegen ihrer Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung angefeindet werden, suchen Hilfe bei "Hate Aid".
Wie erfolgreich sind Anzeigen gegen Onlinehetze?
Viele fragen sich aber vielleicht auch, was eine Anzeige überhaupt bringt. Die Geschäftsführerin von "Hate Aid" sagt, früher seien die nicht ganz so vielversprechend gewesen. Das habe sich aber geändert. "Es hat sich damit geändert, dass in den einzelnen Bundesländern in den Strafverfolgungsbehörden einfach ein gestiegenes Bewusstsein auch für die Wichtigkeit der Strafverfolgung entstanden ist und, dass sie auch besser geworden sind und sich schlau gemacht haben, wie man im Internet ermittelt", erklärt Josephine Ballon. Sie lobt auch die jüngsten Razzien in mehreren Bundesländern gegen frauenfeindliche Hetze im Netz.
"Das [Razzien gegen Onlinehetze] sind natürlich starke Signale auch an die Länder, dass dieses Thema verfolgt werden muss."
Josephine Ballon findet, dass die Aufmerksamkeit für das Thema da ist. Allerdings sieht sie die Technik als Herausforderung. Denn im Netz läuft alles einfach sehr anonym ab. "Die Anonymität im Internet kann auch nicht weggezaubert werden durch die Strafverfolgungsbehörden", sagt die Geschäftsführerin von "Hate Aid". Es gelinge inzwischen aber in etwa der Hälfte der Fälle, dass Menschen identifiziert und strafverfolgt werden können. Das sei besser als nichts und viel besser als früher, so Joesphine Ballon.