Wie weit soll Meinungsfreiheit gehen – sollen auch Hasskommentare auf Facebook geschützt werden? Diese Frage verhandelt derzeit der Bundesgerichtshof aufgrund einer Klage zweier Nutzer, deren rassistische Kommentare gelöscht wurden.
Reichsbürger würden kriminalisiert, während Migranten Verbrechen begehen würden, ohne dass sie Strafen bekommen – so der Kommentar einer Nutzerin, den Facebook gelöscht hat. Außerdem sperrte das Soziale Netzwerk das Konto der Nutzerin für 30 Tage. Sie reichte zusammen mit einem anderen User, dessen rassistischer Kommentar ebenfalls gelöscht wurde, eine Klage gegen dieses Vorgehen ein.
Kommentare erfüllen nicht Straftatbestand
Der Inhalt der Kommentare ist klar rassistisch – doch im Gesetz sind auch solche Meinungsäußerungen von der Meinungsfreiheit geschützt. Das bedeutet, sie dürfen nicht zensiert werden.
Laut Gesetz sind Kommentare erst dann strafbar, wenn sie ausdrücklich zu Gewalttaten aufrufen oder tatsächlich falsche Fakten über einzelne Personen beinhalten.
"Facebook ist strenger als der Gesetzgeber. Die Nutzungsbedingungen sagen: Hassrede ist auch es auch dann schon, wenn Menschen beleidigt werden oder ethnische Gruppen in eine Ecke gedrängt werden."
Facebook setzt die Schwelle in seinen Nutzungsbedingungen niedriger an, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke. Danach handelt es sich bereits um Hate Speech, wenn beispielsweise Personen beleidigt werden. Facebook hat in seinen Richtlinien festgelegt, dass ein Kommentar, der diesen Tatbestand erfüllt, durch das Netzwerk dann gelöscht werden darf.
Nutzer der gelöschten Kommentare berufen sich auf Gesetz
Das Argument der Kläger: Wenn der Kommentar nach dem Gesetz nicht strafbar ist, dann darf Facebook diesen Standard nicht unterwandern, indem es strengere Maßstäbe setzt. Außerdem hätte Facebook den Nutzern eine Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen, bevor sie die Kommentare gelöscht haben.
"Der Meinungsfreiheit der Nutzer steht die Berufsfreiheit von Facebook gegenüber. Die vorläufige Entscheidung der Richter war: Facebook hat das Recht die Kommentare zu löschen."
Facebook sieht das allerdings anders. Das Unternehmen argumentiert, dass die Ausgestaltung der Plattform unter seine Berufsfreiheit fällt, schließlich handelt es sich hier um eine Dienstleistung, die freiwillig in Anspruch genommen werden kann.
Endgültiges Urteil steht noch aus
Außerdem sagt das Soziale Netzwerk aus, dass es nicht umsetzbar sei, jeden Nutzer anzuhören, bevor ein Kommentar gelöscht werde. Der Fall wurde bereits vor dem Oberlandesgericht Nürnburg verhandelt, das Facebook Recht gegeben hat.
Nach der mündlichen Verhandlung am BGH sieht es wohl danach aus, dass Facebook möglicherweise Kommentare löschen darf und somit in diesem Fall die Berufsfreiheit die Meinungsfreiheit überwiegt. Ein endgültiges Urteil wird es jedoch erst in einigen Wochen geben (Stand: 22.07.2021).
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