Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will eine "Respektrente" für Geringverdiener. Sie sollen mehr bekommen als nur die Grundsicherung, sofern sie 35 Jahre lang ihre Beiträge gezahlt haben. Aber wie soll die Grundrente finanziert werden? Und ist das Konzept fair?
Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) ist am Wochenende vorgeprescht: Er will eine Grundrente für Geringverdiener, sagte er der Bild am Sonntag. Wer 35 Jahre lang in die Rentenkasse einbezahlt habe, solle bei der Rente davon profitieren. Kindererziehung und Pflegezeiten sollen berücksichtigt werden. Menschen, die stets den Mindestlohn erhalten haben, liegen derzeit bei einer Rente ungefähr bei 517 Euro, so Hubertus Heil. Er möchte den Betrag aufstocken auf etwa 900 Euro.
Eine Grundrente ist zwar im Koalitionsvertrag vereinbart – die Union kritisierte den Vorschlag von Hubertus Heil aber trotzdem. Denn der möchte auf die Prüfung der Bedürftigkeit verzichten. "Den Gang zum Sozialamt will Hubertus Heil abschaffen", erläutert unser Korrespondent Mathias von Lieben.
"Der springende Punkt im Koalitionsvertrag, von dem Heil jetzt abweicht, ist eine Bedürftigkeitsprüfung."
Die Rentenversicherung soll nach dem Vorschlag aus dem Arbeitsministerium bei jeder und jedem Versicherten automatisch prüfen, ob sie oder er einen Anspruch hat oder nicht. Von einer solchen Grundrente würden zu 75 Prozent Frauen profitieren, die früher in einkommensschwachen Berufen gearbeitet haben, heißt es. Der Union geht das zu weit – auch, weil dann diejenigen, die ihr Leben lang in Teilzeit gearbeitet haben, genau soviel bekämen, wie diejenigen, die in Vollzeit beschäftigt waren.
Kritik auch von der Opposition
Kritik kommt auch von der Opposition, die am Prinzip der Rente nicht rütteln will: "Wir haben ein Prinzip: Da macht sich die Rentenhöhe fest an Dauer der Einzahlung und Höhe der Einzahlung. Und diese mathematische Formel will Hubertus Heil jetzt in Frage stellen", sagte FDP-Chef Christian Lindner. Der Vorschlag von Hubertus Heil sei nicht fair, auch der jungen Generation gegenüber.
Würde man die Grundrente über das Rentensystem finanzieren, müssten die Beitragssätze tatsächlich steigen, sagt Peter Haan, Professor für empirische Wirtschaftsforschung. Oder man müsste andere Maßnahmen ergreifen. Im Moment sei die Rentenkasse recht gut aufgestellt, "das Problem wird erst richtig groß, wenn die Babyboomer-Generation in die Rente kommt", so Peter Haan – also ab 2020 etwa. Grundsätzlich findet er es aber richtig, dass wir gegen Altersarmut vorgehen.
Hubertus Heil möchte die Grundrente nicht über das Rentensystem, sondern über Steuermittel finanzieren. Er rechnet mit einem einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr.
Auf die jüngere Generation werden aber ohnehin höhere Rentenbeiträge zukommen, denn der sogenannte Altersquotient wird sich in Zukunft verändern: Immer weniger Erwerbstätige müssen dann für immer mehr Renten aufkommen. Das sei ein Dilemma, meint Peter Haan. "Da hilft uns auch keine steigende Geburtenrate", meint er. Denn die werde erst längerfristig eine Erleichterung bringen.
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