Delara Burkhardt von den Jusos hat gegen die Große Koalition gestimmt - Mathias Richel ist dafür. Wieso das für beide keine einfache Entscheidung war, lest ihr hier.
Delara Burkhardt ist stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos und musste bei ihrem Nein zur GroKo nicht lange überlegen. Für sie war entscheidend: Am Wahlabend wurde die Große Koalition mit Minus-14-Prozentpunkten abgewählt.
Seit 1999 habe die SPD die Hälfte ihrer Wählerinnen verloren, weil ihre Partei nur noch als soziales Korrektiv der CDU wahrgenommen werde, sagt Delara. Und daher ist für sie ganz wichtig: Die SPD muss im Interesse ihrer verbliebenen Wähler dafür sorgen, dass es auch ohne die Union wieder Mehrheiten für sozialdemokratische Politik geben kann.
"Ich erlebe keine gespaltene Partei, sondern eine Partei, die sehr leidenschaftlich über eine sehr schwierige Frage diskutiert."
Kritikern der NoGroKo-Kampagne der Jusos hält Delara entgegen: Eine Entscheidung zwischen ja und nein könne gar nicht ohne Kontroversen ablaufen. Trotzdem habe sie eine faire und offene Debatte in ihrer Partei erlebt. Und ganz egal, wie das Ergebnis am Sonntag ausfällt: Es müsse etwas passieren, damit die SPD aus ihrem Tief herauskomme. Dabei hält sie große Stücke auf die vielen neuen Mitglieder, die in letzter Zeit in die SPD eingetreten sind. Dank ihnen gebe es eine große Chance, eine neue Debattenkultur in die SPD einzubringen.
"Natürlich bleibt die SPD meine politische Heimat. Sonst würde ich auch nicht so viel Sorge darum haben, dass sie in die Große Koalition geht."
Und so ist für Delara auch klar: Die SPD bleibt ihre politische Heimat, ganz egal, wie die Mitglieder entscheiden. Auch wenn sie überzeugt ist: Ein Neuaufbruch für die kriselnde Partei ist in der Opposition leichter zu gestalten.
Koalitionsvertrag ist keine Liebesheirat
Unser zweiter Gesprächspartner ist Mathias Richel, SPD-Mitglied, Blogger und im Hauptberuf Werber. Er hat für die GroKo gestimmt, sich mit seiner Entscheidung allerdings sehr schwer getan. Denn für ihn ist klar: Der Koalitionsvertrag ist keine Liebesheirat. Und natürlich habe der kleinere Koalitionspartner bei diesem Bündnis immer die schlechtere Ausgangsposition, sagt Mathias. Und als ob das noch nicht genug wäre, fand er den neuen Koalitionsvertrag im Vergleich zur letzten Großen Koalition inhaltlich viel weniger ausgereift. Trotzdem hat er sich am Ende dazu durchgerungen, für den Entwurf zu stimmen.
Mathias ist überzeugt: Die SPD muss sich erneuern - und da sei es zunächst einmal egal, ob über GroKo oder NoGroKo geredet werde. Das Problem: Die SPD mache sich zu sehr von der Union und Kanzlerin Merkel abhängig - und damit viel zu klein. Das verhindere den Erneuerungsprozess der SPD.
"Wenn wir selbstbewusst sind, wenn wir stark mit unseren Positionen sind, dann können wir natürlich auch locker in eine GroKo gehen."
Wenn Werber Mathias Richel seiner Partei etwas mit auf den Weg geben könnte, dann vor allem eines: als Partei kommunizieren. In den vergangenen Jahren habe der Parteivorstand und die Parteizentrale darauf spekuliert, dass Erfolge der SPD-Ministerien für die Partei sprechen würden. Das Problem: In der Zeit zwischen den Wahlkämpfen sei nach außen hin vor allem die CDU präsent gewesen - ganz im Gegensatz zum Parteivorstand der SPD.
Alle müssen mitmachen
Was Mathias hoffnungsvoll stimmt: Zum ersten Mal seit langer Zeit habe die Partei ein Machtzentrum im Bundestag: eine Parteivorsitzende, die gleichzeitig Fraktionsvorsitzende sein könnte - und damit ein parteipolitisches Korrektiv gegenüber der Regierungsarbeit. Auch auf den neuen Generalsekretär Lars Klingbeil setzt Mathias große Hoffnungen: Weil er bei digitalen Themen sehr versiert sei und die Partei für neue Strukturen öffnen möchte. Und auch vom potenziellen Vizekanzler Olaf Scholz ist Mathias überzeugt. Trotzdem ist für Mathias klar: In seiner Partei sind alle Mitglieder gefordert. "Die SPD erneuern, das geht tatsächlich nur, wenn alle mitmachen", so Mathias.
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