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In diesem Coronajahr denken viele vielleicht neu über die Grippeimpfung nach - schließlich gilt es, die Arztpraxen und Krankenhäuser zu entlasten. Aber wer braucht die Impfung wirklich? Und ist überhaupt genügend Impfstoff für alle da?

Wenn ab Herbst Corona und Grippe aufeinandertreffen, könnte das zu einer Belastung für unser Gesundheitssystem werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rät daher zur Grippeimpfung. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, möchte mehr impfen - vor allem Schüler und Lehrer.

Sich und andere schützen

Dabei sei es schon fast eine philosophische Frage, ob man sich impfen lassen sollte oder nicht, meint Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth. Denn beim Impfen gebe es zwei Sichtweisen: Wir können uns impfen lassen, um uns selbst zu schützen. Oder wir schützen damit andere - indem wir dem Virus Verbreitungswege abschneiden.

Viren mögen Parties

Bei dem zweiten Ansatz spiele die jüngere Generation eine große Rolle: Denn junge Menschen erkranken in der Regel nicht schwer an der Grippe, verbreiten aber das Virus weiter. Das würde man derzeit ja auch bei Corona beobachten: Dichtgedrängte Parties mit viel Alkohol und lautem Gerede machten es den Viren einfach.

"Wenn man die Jungen per Impfung sozusagen in eine Virensackgasse verwandelt, dann kommt es unterm Strich zu weniger Infektionen auch bei den Risikogruppen."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Wirklich wichtig sei die Impfung vor allem für Risikopersonen - ältere Menschen über sechzig, solche mit chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Herzproblemen. "Sie werden viel stärker krank, wenn sie das Influenzavirus erwischt. Und leider liegt dann auch die Sterblichkeit höher", so der Wissenschaftsjournalist.

Risikopersonen brauchen Grippeschutz

Für Deutschland setzt die Ständige Impfkommision (Stiko) in ihren Empfehlungen vor allem auf den Schutz der Risikopersonen, aber sie möchte auch, dass sich das medizinische Personal impfen lässt, sowie Menschen, die viele Kontakte zu anderen haben.

"Jedes Jahr im Winter sind die Krankenhäuser viel voller als im Sommer. Und das liegt an der Grippe."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Der Grippeimpfstoff für die aktuelle Saison ist jedenfalls fertig, das Paul-Ehrlich-Institut hat über 13 Millionen Dosen freigegeben, sagt Volkart Wildermuth. Und Gesundhetisminsiter Jens Spahn habe nachbestellt, so dass man am Ende auf über 25 Millionen Dosen komme.

Rund 25 Millionen Impfdosen sind bestellt

Dennoch: Allein um alle Risikopersonen zu impfen, bräuchte man laut Stiko 40 Millionen Dosen. So bleibt eigentlich kaum großer Spielraum, um etwa zusätzlich noch alle Lehrer oder Kinder zu impfen.

"Tatsächlich lässt sich nur ein gutes Drittel der Risikopersonen impfen, auch das eigentlich gut aufgeklärte medizinische Personal ist da sehr zögerlich."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Andererseits: Tatsächlich lasse sich in der Regel nur ein gutes Drittel der Risikopersonen impfen, so Volkart Wildermuth. Von daher könne man davon ausgehen, dass der Impfstoff reicht - auch wenn sich mehr Menschen als sonst impfen lassen.

November guter Zeitpunkt für Impfung

Die Grippesaison startet Ende Oktober, ihren Höhepunkt hat sie im Januar und Februar. Der Impfschutz baut sich etwa nach zwei Wochen auf, darum sei der November ein guter Zeitpunkt, sich impfen zu lassen, meint der Wissenschaftsjournalist. Und mit etwas Glück fällt die Grippe in diesem Jahr nicht ganz so heftig aus - wenn wir uns weiterhin an die AHA-Regeln halten. Denn die helfen nicht nur gegen das Coronavirus sondern auch gegen die Verbreitung der Influenza.

"Mit etwas Glück, wenn sich alle an die Abstandsregeln halten, Maske tragen, häufig Hände waschen, dann lassen sich beide Erreger ausbremsen - die Grippe und Corona."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Kommende Grippesaison
Für wen die Grippeimpfung sinnvoll ist
vom 04. September 2020
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist