Ein HIV-Test und das anschließende Ergebnis - für die meisten Menschen ist das absolute Privatsache. Deswegen kommen wahrscheinlich auch die wenigsten auf die Idee, im Tinderprofil zu schreiben: "Ich stehe auf Hunde, behaarte Männer und übrigens mein letzter HIV-Test ist drei Wochen her, ich bin clean."
Bei Grindr, der Dating-App für schwule Männer, ist das anders. Und Paul, der Grindr nutzt, findet das völlig in Ordnung: "Es beruhigt die Leute, die Angst haben, dass ein Partner noch nie einen HIV Test gemacht hat."
Bei Grindr ist es so: Die Frage nach dem HIV-Status wird standardmäßig gestellt, aber niemand muss eine Angabe dazu machen, sie ist freiwillig. Wenn die Frage beantwortet wurde, erscheint der Status auf dem Profil und ist für die anderen Nutzer der App einsehbar. Gut, findet Paul.
"Wenn du siehst, dass dein möglicher Hook-Up-Partner vor drei Wochen einen HIV-Test gemacht hat, dann ist das mehr Information als keine Information."
Paul schätzt, dass mehr als die Hälfte der Nutzer bei Grindr Angaben zu ihrem HIV-Status machen. Und nicht nur Nutzer, die HIV negativ sind, sondern auch solche, die positiv getestet wurden.
"Ich glaube auch, dass es eine Art sozialer Druck ist, wenn man sieht, dass die meisten Nutzer ihr Testergebnis und das Datum eingeben, dann hast du auch Druck, vielleicht da mitzumachen."
Grindr bietet außerdem eine Funktion an, die dem Nutzer automatisiert eine Erinnerung schickt, wenn der Test veraltet ist - zusammen mit Infos darüber, wo der Test in einer "schwulenfreundlichen" Umgebung gemacht werden kann. Diese Funktion ist in Deutschland jetzt vielleicht nicht so wichtig, doch in Ländern, in denen Homosexualität verpönt oder sogar gefährlich ist - eine wertvolle Info.
Datenschützer sind besorgt über den Umgang mit Daten bei Grindr
Was Paul voll okay findet, bewerten Datenschützer als alarmierend, zum Beispiel für Johanna Schmölz, stellvertretende Direktorin und wissenschaftliche Leiterin des deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet. Für sie ist es auch neu, was Grindr da macht.
"Wenn ich persönlich davon betroffen wäre, würde ich das schon mal nicht schön finden, wenn so sensible Daten weitergegeben werden."
Paul hingegen sieht auch noch einen weiteren Nutzen darin, wenn Menschen öffentlich darüber informieren, wann sie einen HIV-Test gemacht haben und welches Ergebnis dabei herauskam. Seiner Meinung nach geht es auch darum, HIV aus der Tabuzone zu einem normalen Gesprächsthema zu machen und gleichzeitig Menschen zu schützen. Das wiederum würde auch anderen Apps, wie Tinder ganz gut stehen.
Ob die HIV-Info sensibler ist als andere Daten, die die großen Konzerne wie Facebook, Google, Amazon über uns sammeln? Es ist schwierig, aber eins steht fest: Die AGBs lesen vermutlich die wenigsten so genau, dass sie anschließend wissen, welche Daten erhoben werden und was mit ihnen passiert.
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