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Der Grand-Ethio­pian-Renais­sance-Staudamm ist das Prestigeprojekt der äthiopischen Regierung. Der Mega-Staudamm soll dafür sorgen, dass das ostafrikanische Land in Zukunft mit genügend Strom versorgt wird. Weiter stromabwärts fürchten Ägypten und der Sudan vom Wasser abgeschnitten zu werden.

Nach Jahren des Konflikts haben sie sich geeinigt: Äthiopien, der Sudan und Ägypten werden die Verteilung des Nil-Wassers Ende Januar 2020 vertraglich festhalten. Seitdem die äthiopische Regierung 2011 mit dem Bau des Grand-Ethiopian-Renaissance-Staudamms begonnen hat, streiten sich die drei Länder um das Wasser des Blauen Nils. Denn: Äthiopien möchte das Wasser mit dem größten Staudamm Afrikas auffangen und es wird Jahre dauern, bis das Becken vollgelaufen ist. Deutlich weniger Wasser wird in dieser Zeit durchfließen.

1800 Meter lang und 155 Meter breit soll dieser werden, mit einem Fassungsvermögen von 74 Milliarden Kubikmetern. 2022 soll die Talsperre fertig gebaut, in den folgenden ungefähr sieben Jahre soll das Staubecken dann vollgelaufen sein. Es liegt im Nordwesten des Landes.

Nachbarn mit Wassersorgen

Diese Zuflussregelung und die lange Dauer ist eine große Sorge Ägyptens und des Sudans. Denn: Beide Länder liegen flussabwärts. Der Blaue Nil fließt zuerst durch Äthiopien, bis er in den Sudan und dann anschließend nach Ägypten kommt, um dort im Mittelmeer zu münden. 86 Prozent des gesamten Nilwassers, fließen durch diesen Hauptstrang des Nils. Für die drei Länder ist der längste Fluss der Welt die wichtigste Wasserquelle, sagt die ehemalige ARD-Korrespondentin für Ostafrika, Lina Staude.

"Die Ägypter und Sudanesen sagen: Unser Wasser ist unsere Lebensader – wir brauchen das."
Linda Staude, ehemalige ARD-Korrespondentin für Ostafrika

Ägypten ist beispielsweise zu 90 Prozent von Wüste bedeckt. Das Nilwasser dient hier nicht nur als Trinkwasser, sondern sorgt gleichzeitig auch für die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen. Würde Äthiopien in Zukunft für Jahre die Wasserzufuhr abschneiden, drohe Ägypten die Hungersnot, sagt Linda Staude.

Wenn Ägypten auf dem Trockenen sitzt

Zwar verspreche die äthiopische Regierung immer wieder, den Staudamm nur langsam aufzufüllen, die Sorgen ihrer Nachbarländer kann sie damit aber nicht abmildern. Zwei Jahre nach Baubeginn eskalierten die Proteste. In Kairo demonstrierten Dutzende Bauern gegen die Talsperre, die ägyptische Regierung forderte einen sofortigen Baustopp.

"Wenn der Blaue Nil nicht mehr fließt, sitzt Ägypten buchstäblich auf dem Trockenen. Für sie bedeutet das: kein Trinkwasser, keine Landwirtschaft, Hungersnot."
Linda Staude, ehemalige ARD-Korrespondentin für Ostafrika

Äthiopien hat die Bauarbeiten am Staudamm fortführen lassen, die Fronten zwischen den drei Ländern verhärteten sich weiter. In der Vergangenheit drohte Ägypten der äthiopischen Regierung mit Krieg. Der Länderkonflikt sei daher das bedeutendste Thema hinsichtlich des Staudamm-Baus, erklärt Linda Staude. Bei einem Alleingang Äthiopiens hält sie einen Krieg ums Wasser für sehr realistisch. Das Wasser sei schließlich die Lebensader Ägyptens und des Sudans.

Vom Prestigeprojekt zum Streitfall

Für Äthiopien ist die Talsperre in erster Linie ein Prestigeprojekt: Sie soll in Zukunft den Strombedarf des Landes abdecken. Dafür soll sie 6000 Megawatt Energie erzeugen, was ungefähr der Leistung von vier bis fünf Atomkraftwerken entspricht. Stromausfälle, zu denen es in Ostafrika täglich kommt, würden dann der Vergangenheit angehören. Stattdessen soll jedem Haushalt und jedem Unternehmen ein Zugang zum Stromnetz ermöglicht werden.

Kritiker befürchten, dass der Plan der äthiopischen Regierung nicht aufgehen kann. Gerade in Dürrephasen könne die Energieversorgung nicht garantiert werden. Zudem bedeutet eine Stromversorgung im ganzen Land, einen Transport des Stroms über weite Strecken. Dafür brauche es neue Überlandleitungen.

Unser Bild zeigt das Bauprojekt im Jahr 2017.

Shownotes
Ostafrika
Äthiopien: Der Nil-Staudamm und der Streit ums Wasser
vom 16. Januar 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Linda Staude, Journalistin und ehemalige ARD-Korrespondentin für Ostafrika