Der Strombedarf von Googles Rechenzentren ist groß. Weil er durch KI weiter steigt, will der Tech-Konzern Atomstrom nutzen. Der soll von einem Start-up kommen, das auf eine neue Technologie bei seinen Reaktoren setzt.

Künstliche Intelligenz (KI) macht einiges in unserem Leben leichter. Aber: Sie sorgt auch dafür, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren extrem ansteigt. Eine Anfrage bei ChatGPT beispielsweise zieht so viel Strom wie drei Google-Suchen, erklärt Christina Felschen von den Deutschlandfunk Nova-Nachrichten, manche Schätzungen gehen sogar noch deutlich höher.

Schon vor der Inbetriebnahme des Chatbots im Jahr 2022 haben Rechenzentren für KI und Kryptowährung laut der Internationalen Energieagentur schätzungsweise fast 460 Terawattstunden Strom verbraucht – das waren zwei Prozent der gesamten Weltproduktion.

Atomstrom für die digitale Zukunft

Dass Rechenzentren Stromfresser sind, ist nicht neu. KI und ihr immer weiter verbreiteter Einsatz bringen den Stromverbrauch aber noch mal auf ein anderes Level. Die Sprachmodelle, auf denen Programme wie ChatGPT beruhen, greifen auf riesige Datenmengen zu. Dafür braucht es sehr leistungsstarke Server, die viel Strom fressen, sagt Christina.

"Rechenzentren verbrauchen schon jetzt unfassbar viel Energie. Und der Verbrauch steigt extrem, seit ganz normale Internetnutzer wie du und ich in großem Stil künstliche Intelligenz einsetzen können."
Christina Felschen, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten

Woher soll der benötigte Strom in Zukunft also kommen? Aus Atomkraft! Das jedenfalls ist die Antwort von Google. Der Konzern will seine Rechenzentren künftig auch mit Atomstrom betreiben, den er von dem kalifornischen Start-up Kairos bezieht.

Das Start-up soll dafür bis zu sieben kleine Kraftwerke bauen, von denen das erste 2030 an den Start gehen soll. Bis dahin will Google unterm Strich klimaneutral sein. – Google ist da übrigens nicht die Nummer 1, auch der Tech-Gigant Microsoft hat schon ein AKW an den Start gebracht.

Die Reaktoren des Start-ups sind allerdings noch in der Entwicklung. Kairos hat vor nicht allzu langer Zeit erst die Erlaubnis der US-Behörden bekommen, mit dem Bau eines ersten Versuchsreaktors zu beginnen.

Atomstrom ist nicht komplett sauber

Google bewirbt die Reaktoren als "saubere Technologie". Allerdings: Auch Atomkraft ist natürlich nicht komplett klimaneutral. Bei der Stromerzeugung durch Kernspaltung entstehen zwar so gut wie keine direkten CO2-Emissionen.

Allerdings muss man die gesamte Wertschöpfungskette der Atomenergie betrachten: Auch beim Uranabbau, bei der Anreicherung oder beim Bau beziehungsweise Rückbau eines Atomkraftwerks wird CO2 ausgestoßen, darauf weist auch das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung hin.

Zudem ist weiterhin unklar, wie radioaktiver Abfall eigentlich entsorgt werden soll. Die Endlagersuche in Deutschland macht deutlich, wie langwierig und kompliziert es sein kann, eine Lösung für das Müllproblem zu finden.

Viele Länder setzen auf Atomkraft

Aus deutscher Perspektive mag es überraschend wirken, dass Tech-Konzerne wie Google und Microsoft überhaupt auf Atomkraft setzen. Immerhin sind bei uns 2023 die letzten Atomkraftwerke vom Netz gegangen. Der Atomausstieg war da schon lange beschlossene Sache – Auslöser war die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011. Sicherheit war damals ein wichtiges Argument für diese Entscheidung.

Im weltweiten Vergleich steht Deutschland mit seinem Atomausstieg allerdings weitestgehend alleine da. Viele Staaten treiben die Atomkraft sogar voran und sprechen sich für einen Ausbau aus, wie die USA. Dort sind aktuell auch die meisten Atomkraftwerke weltweit in Betrieb.

Aber auch fast die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten setzt auf Atomkraft. Neben Frankreich sind das vor allem Tschechien, die Slowakei und auch Rumänien. Ihr Argument: Es würde Strom aus Atomkraft brauchen, um die weltweiten CO2-Emissionen zu senken.

Neue Reaktoren sollen sicherer sein

Google betont übrigens neben der Sauberkeit auch die Sicherheit der geplanten Reaktoren: Kairos setzt auf eine neue Technologie für die Kühlung. Das Start-up verwendet flüssige Fluoridsalze anstatt wie üblicherweise Wasser.

An solchen Flüssigsalzreaktoren wird gerade weltweit viel geforscht, weil diese Art Reaktor sicherer sein soll als bisherige Reaktoren. Bei einem Unfall soll das flüssige Salz nämlich erhärten, was eine nukleare Kettenreaktion unterbinden würde. Dadurch gelten Nuklearkatastrophe wie in Fukushima oder Tschernobyl damit als unwahrscheinlich.

Shownotes
Rechenzentren
Energiehungrige KI: Google setzt auf Atomstrom
vom 16. Oktober 2024
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Christina Felschen, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten