Wir alle tun es: Leute googeln. Schnell fragen wir uns dabei: Ist das eigentlich in Ordnung? Die Psychologin Muriel Böttger sagt, es hängt vom Anlass ab, ob dabei eine Grenze überschritten wird oder nicht.
Wer macht das nicht? Mehr über Leute im Netz rausfinden? Janina aus Münster zum Beispiel googelt Typen beim Online-Dating vor dem ersten Treffen.
Und auch die Neugier herauszufinden, wie eine Person aussieht, ist ein Klassiker.
"Wenn man zum Beispiel nur den Namen, aber kein Foto hat, dann fängt man an zu googeln. Und ich denke, das tun andere bei mir auch."
Klicken aus Neugier
Oder – Janina zusammen mit ihrer Freundin – googelt das Bild der Frau ihres Arztes. Weil sie beide beim selben Arzt sind und der ihnen von seiner Frau erzählt hat.
"Ich finde es immer extrem spannend zu sehen, wer die Person im Internet ist und welche Geheimnisse, geheimen Hobbies und witzige Side-Facts es zu entdecken gibt."
Oft ist ihre Motivation reine Neugierde, sagt Janina. Das bestätigt auch die Psychologin Muriel Böttger.
Bedürfnis nach Sicherheit
Evolutionär betrachtet hätten wir ja den Drang zu überleben. Und wenn wir uns unsere Umgebung und unser Umfeld genau angucken, um besser darüber Bescheid zu wissen, wo wir uns gerade befinden und mit wem wir dort Zeit verbringen, dann könne uns das dabei helfen, dass wir uns sicher fühlen.
"Indem wir mehr über unser Umfeld rauskriegen, wollen wir unser Grundbedürfnis nach Sicherheit erfüllen."
Dieser Wunsch nach Sicherheit bezieht sich vor allem auch auf den beruflichen Kontext – also wenn wir zum Beispiel neue Ansprechpartner*innen bekommen oder neue Kolleg*innen bei uns im Job anfangen.
Die oder der Neue im Job
Michael aus Berlin kennt das. Er arbeitet am Theater, wo häufig auch Produktionen mit Gastschauspieler*innen stattfinden. Wenn dann im Schaukasten die Besetzungsliste hängt und er den Namen nicht kennt, ertappt er sich schon mal dabei, dass er den Namen googelt und sich auch mal ein Video der unbekannten Person anschaut, hat er uns erzählt.
Kati aus Münster hat mal im telefonischen Kundenservice gearbeitet und in diesem Zusammenhang ein "sehr, sehr nettes Gespräch, was recht flirty war, mit einem Mann" gehabt. Anschließend hat sie den Typen gegoogelt, weil sie gern wissen wollte, wie er aussieht. Eine Liebesgeschichte ist aber am Ende nicht draus geworden.
Vorbereitet sein
Die Neugierde ist das eine – der Wunsch, vorbereitet zu sein, das andere, sagt die Psychologin Muriel Böttger. Vor Vorstellungsgesprächen oder wichtigen Einladungen zu googeln, sei in diesem Zusammenhang also völlig in Ordnung und habe nichts mit Stalking zu tun.
"Wenn wir googeln, um unsere Erwartungen zu managen, um eventuell Stress zu regulieren oder zu vermeiden, dann grenzt das ja nicht an Stalking, sondern ist bloß Vorbereitung."
Eine solche Vorbereitung ist es zum Beispiel für Kim aus Köln, wenn sie Infos über einen neuen Arzt im Netz raussucht, bevor sie ihn zum ersten Mal besucht. Vor allem jetzt in der Pandemie sei ihr das wichtig, weil sie "auf keinen Fall irgendwie an einen querdenkenden, Corona leugnenden Menschen geraten möchte".
Die Gründe, jemanden zu googeln, waren bei Kim aber auch schon mal etwas bedeutungsloser: Weil eine Person, die bei ihr im Supermarkt arbeitet, immer ziemlich coole Outfits hatte, merkte sie sich den Namen auf dem Namenschild, googelte ihn und schaute sich die Bilder an, die das Netz ausspuckte.
Motivation ist entscheidend
Wir sollten uns immer darüber bewusst sein, aus welcher Motivation heraus wir Menschen googeln, sagt die Psychologin Muriel Böttger. Wenn sich dabei unser schlechtes Gewissen meldet, sollten wir es vielleicht einfach lassen.
Wenn wir die Person – über die wir zuvor Infos ergoogelt haben – dann tatsächlich treffen, sollten wir aber nicht so tun, als ob wir noch nie etwas von ihr gehört oder gesehen hätten. Genau das sei aber leider oft der Fall, gesteht Michael aus Berlin, der am Theater arbeitet.
"Ich hab dich auch gegoogelt, bevor wir telefoniert haben!"
Das muss aber ja gar nicht sein. Die bessere Variante ist es, das einfach offen anzusprechen – so wie die Psychologin Muriel Böttger das vor dem Interview bei unserem Reporter gemacht hat.