Als in Kalifornien im Herbst eine verbindliche Frauenquote für Führungsgremien eingeführt wurde, sank der Marktwert der betroffenen Unternehmen innerhalb von etwa drei Monaten im Schnitt um 60 Millionen Dollar. Das liegt aber nicht an mangelndem Vertrauen in Frauen als Führungskräfte, sagt die BWL-Professorin Alexandra Niessen-Ruenzi, die das Phänomen untersucht hat. Wirtschaft und Politik seien mitverantwortlich für den Effekt, weil sie Frauen zu wenig förderten und unterstützten.
Alexandra Niessen-Ruenzi von der Uni Mannheim hat schon in verschiedenen Ländern die Effekte der Einführung von Frauenquoten untersucht. Dass sich das vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen negativ auf den Börsenkurs auswirkt, beobachtet sie nicht zum ersten Mal – allerdings sei der Effekt in Kalifornien besonders ausgeprägt gewesen.
Im Oktober 2018 war dort eine Quote für Führungsgremien börsennotierter Unternehmen eingeführt worden: Bis Ende 2019 müssen diese Firmen mindestens ein weibliches Mitglied in ihrem Verwaltungsrat haben, bis Ende 2021 müssen in Verwaltungsräten mit bis zu fünf Mitgliedern mindestens zwei Frauen sitzen – in denen mit sechs und mehr Mitgliedern drei Frauen.
Frauenquoten verursachen Kosten in Unternehmen
Den Grund für den Börsen-Effekt vermutet Alexandra Niessen-Ruenzi allerdings nicht in mangelndem Vertrauen in den Frauen in Führungspositionen, sondern unter anderem in der Tatsache, dass eine Quote personelle Umstrukturierungen nötig macht – und die kosten eben Zeit, Geld und Energie. Das wissen die Aktionäre. Bei großen Firmen, so erzählt die Wissenschaftlerin, ist der Effekt viel geringer. Die hätten eben mehr Ressourcen, die erzwungenen Änderungen durchzuführen, und schnappten den kleineren zudem Frauen mit Führungs- und Industrieerfahrung weg.
"Wenn man sich jahrelang nicht darum gekümmert hat, auch das Potenzial der weiblichen Führungskräfte auszuschöpfen und zu fördern, hat man dann Schwierigkeiten, diese Positionen zu füllen, wenn plötzlich eine Quote kommt."
Alexandra Niessen-Ruenzi will die Verantwortung aber nicht allein auf die Unternehmen abgewälzt wissen. Es gebe eben auch zu wenige geeignete Kandidatinnen, die die nötige Industrie- und Führungserfahrung mitbringen, um in die erste oder zweite Führungsriege einzusteigen. Das habe nicht nur mit mangelnder Förderung der Unternehmen zu tun, sondern auch mit mangelnder Unterstützung vonseiten des Staates.
"Auch von staatlicher Seite – Stichwort: Kinderbetreuung und so weiter – müsste aus meiner Sicht viel mehr getan werden, um Frauen zu ermöglichen, innerhalb des Unternehmens die verschiedenen Karrierestufen zu erklimmen und sich damit dann auch für einen Vorstandsposten zu qualifizieren."
Die Wissenschaftlerin befürwortet die Quote langfristig, sieht kurzfristig aber dennoch Probleme. Zunächst: Nötig ist die Quote offenbar, das räumt sie ein. Denn wenn wir bei den aktuellen Wachstumsraten einfach nur warten würde, bis sich eine Geschlechtergerechtigkeit in den Führungsetagen eingestellt hätte, dann müssten wir etwa 45 bis 50 Jahre warten, rechnet die Wissenschaftlerin vor.
Von Quoten profitieren noch eher einzelne Frauen als Frauen generell
Aber: Der gewünschte Effekt, Frauen generell zu fördern, tritt nicht ein. Noch nicht jedenfalls. Es profitieren eher einzelne Frauen von Quoten, so Alexandra Niessen-Ruenzi, das zeigten Studien aus verschiedenen Ländern.
"Eine Idee der Quote war ja, insgesamt die Frauen zu fördern, Frauen in Führungspositionen zu bekommen. Und das scheint nicht der Fall zu sein."
Trotzdem ist die Forscherin überzeugt, dass sich etwas ändern wird. Der Haupteffekt der Quoten sei auch, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. Und dadurch, glaubt sie, wird sich fundamental etwas ändern, nicht unbedingt durch die Quote an sich.