Häufig schämen sich Frauen, über häusliche Gewalt zu sprechen. Blaue Flecken oder extreme Niedergeschlagenheit können äußere Zeichen von Gewalt sein. Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen gibt Tipps, wie wir Freundinnen helfen können.
Wenn eine Frau in einer Beziehung Gewalt erfährt, dann ist das meistens nicht von Beginn an schwere körperliche Gewalt, sagt Nua Ursprung von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG). Deshalb ist es von außen schwierig zu erkennen, wann es zu den ersten Situationen häuslicher Gewalt kommt.
"Häusliche Gewalt ist nicht leicht zu erkennen. Natürlich die ganz schlimmen Anzeichen, so wie ein blaues Auge oder Würgemale am Hals – aber dann ist es schon ganz schön eskaliert."
Es gibt aber Anzeichen, die gute Freundinnen bemerken können: Beispielsweise, wenn sich die Freundin immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurückzieht, immer weniger ausgeht, komische Ausreden findet, warum sie keine Zeit hat oder immer weniger aus ihrem Leben oder von der Beziehung erzählt. Nua Ursprung rät, dann das vertrauliche Gespräch zu suchen und nachzufragen, welche Gründe dahinterstecken. So könne man ein Gefühl dafür bekomme, ob es sich um einen Rückzug auch aus der Angst heraus handelt, etwas zu teilen.
Gewalterfahrungen der Freundin: Behutsam und gefühlvoll nachfragen
Der erste Schritt: behutsam nachfragen. Denn für die Betroffenen ist es schwer, sich an jemanden zu wenden oder um Hilfe zu fragen, erklärt Nua Ursprung.
"Es ist für Betroffene ganz schwer, sich selbst an jemanden zu wenden und nach Hilfe zu fragen. Deswegen lieber einmal zu viel fragen als einmal zu wenig."
Aber wie können wir behutsam fragen? Auf jeden Fall nicht, indem wir direkt mit der Tür ins Haus fallen und sagen: Du, ich glaube, dein Freund geht gewaltsam mit dir um, oder? Nua Ursprung rät, zunächst die Veränderungen zu beschreiben, die wir an der der Freundin wahrnehmen. Etwa: Du bist in letzter Zeit so zurückgezogen, ich mache mir deshalb Sorgen. Und dann nach dem Grund zu fragen.
Meist würden Betroffene erst einmal versuchen, alles abzustreiten. Wir sollten das dann akzeptieren und anbieten, gerne an einem anderen Tag noch einmal darüber zu sprechen, sagt Nua Ursprung. Auf jeden Fall sollten wir signalisieren, dass wir für die Freundin da sind.
Wenn die Anzeichen der häuslichen Gewalt nach außen kaum noch abzustreiten sind, die Freundin aber trotzdem alles abwiegelt, könnten wir auch versuchen, die Situation, wie wir sie wahrnehmen, zu beschreiben im Sinne eines Realitätschecks.
"Also zu sagen: Vielleicht ist nicht unbedingt alles gewalttätig, aber ich habe den Eindruck, bei euch geht es heftiger zu als bei anderen, und das musst du dir nicht gefallen lassen."
Wenn sich die Freundin einem dann anvertraut, sei der nächste Schritt, ihr anzubieten, mit zu einer Beratungsstelle zu gehen oder gemeinsam nach professioneller Hilfe zu suchen. Bei schweren körperlichen Gewalttätigkeiten sollte man sich allerdings direkt an die Polizei wenden, sagt Nua Ursprung.
Beratung nicht nur für Frauen
Beratungsstellen richten sich aber nicht allein nur an Frauen, betont Nua Ursprung. Es können sich durchaus auch Männer dort Rat und Hilfe holen.
"Ich würde mir von Männern häufiger wünschen, dass sie ihre Kumpels in die Verantwortung nehmen."
Oder bei Kumpels. Nua Ursprung wünscht sich, dass das auch häufiger geschieht. "Das ist für Männer, glaube ich, sicherer als für Frauen, dass sie dahin gehen und sagen: Du, ich finde nicht in Ordnung, wie du mit deiner Freundin umgehst."
- Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen: 116 016