Jeder gesetzlich Versicherte kennt das: Während die eigene Krankenkasse den Rückenkurs nicht zahlen will, bekommt die Freundin ihn voll erstattet. Nach welchen Kriterien entschieden wird, welche Leistungen eine Krankenkasse übernimmt und welche nicht, überblickt man als Versicherte*r nicht immer. Wir bringen Licht ins Dunkel.

Das Gremium, das über die Kassenleistungen entscheidet, ist der Gemeinsame Bundesausschuss, kurz GBA. Er besteht aus Mitgliedern der Ärzteschaft, der Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung. Vertreter von Patientenorganisationen sind ebenfalls beteiligt, aber nicht stimmberechtigt.

Das wichtigste Kriterium für den GBA: Es muss gute Belege geben, dass eine Behandlung tatsächlich wirksam ist.

"Es muss medizinisch erforderlich sein. Es muss eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung sein."
Sabine Wolter, Verbraucherzentrale NRW

Wenn also eine neue Behandlungsmethode oder ein neues Medikament auf den Markt kommt, es aber bereits andere gibt, die gleichermaßen wirksam, aber auch deutlich wirtschaftlicher sind, steht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund.

GBA-Entscheidungen gelten für alle

Der GBA prüft genau, wie die Studienlage ist, bevor ein Medikament oder eine Behandlung in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen wird. Solche Prüfungen können Jahre dauern, wenn zum Beispiel erst noch Studien durchgeführt werden müssen.

Die Entscheidungen des GBA gelten für alle gesetzlichen Kassen. Sie müssen die Behandlung immer bezahlen, da sind alle gesetzlichen Kassen gleich.

Zusatzleistungen: attraktiv für Versicherte

Darüber hinaus dürfen Krankenkassen aber auch die Kosten für zusätzliche Behandlungen übernehmen, die nicht im Leistungskatalog stehen. Solche Zusatzleistungen hat heute fast jede Krankenkasse, denn nur damit können sie sich von anderen abheben und Versicherte locken.

"Das können zum Beispiel Reiseimpfungen sein oder ein Zuschuss zu bestimmten Fitnessstudios oder zu alternativer Medizin wie Akupunktur, Homöopathie, Osteopathie."
Sabine Wolter, Verbraucherzentrale NRW

Es gibt viele Kassen, die auch Zuschüsse zur professionellen Zahnreinigung oder zusätzliche Ultraschall-Leistungen für Schwangere anbieten. Und die erwähnten Sportkurse bieten die Versicherungen entweder gratis für ihre Kunden an, oder man muss bis 20 Prozent aus der eigenen Tasche zahlen.

Welche Zusatzleistungen es genau gibt, kann man auf den Webseiten der jeweiligen Krankenkasse nachschauen.

Nichts mehr für die Brille

Zuschüsse für Brillen oder Zahnimplantate sind bei einer Gesundheitsreform vor 20 Jahren aus Ersparnisgründen gestrichen worden. Brillengläser sind seitdem nur bei Kindern und Jugendlichen Kassenleistungen. Erwachsene bekommen erst einen Zuschuss bei einer Sehschwäche ab sechs Dioptrien.

Individuelle Gesundheitsleistungen

Unabhängig davon gibt es noch die IGeL-Leistungen (individuelle Gesundheitsleistungen). Diese müssen wir als Patient*innen komplett selbst bezahlen. Dazu gehören auch Krebsfrüherkennungsuntersuchungen wie der Ultraschall der Eierstöcke und der PSA-Test.

IGeL-Angebote sind eine gute Einnahmequelle für Ärzte und Ärztinnen. Ihr Nutzen ist in der Regel nicht belegt. Man hat als Patient*in immer Zeit, sich ganz in Ruhe über ihre Vor- und Nachteile zu informieren. Deshalb sollte man sich von Ärztinnen und Ärzten nicht dazu drängen lassen.

Wenn eine Untersuchung dringend ist, also wenn zum Beispiel eine Verdachtsdiagnose besteht, wird sie in den allermeisten Fällen von der Krankenkasse bezahlt.

Shownotes
Gesundheit
Warum Krankenkassen nicht alle Behandlungen übernehmen
vom 16. Juli 2024
Moderation: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Stephanie Kowalewski
Gesprächspartnerin: 
Sabine Wolter, Verbraucherzentrale NRW