Jammern Männer einfach mehr - oder werden sie wirklich schneller krank? Tatsächlich funktioniert die Immunabwehr von Männern und Frauen unterschiedlich. Ein Grund ist das Hormon Testosteron.

"Grob vereinfacht lässt sich feststellen, dass Männer durch die Unterschiede in der Immunantwort häufiger krank werden können als Frauen", das sagt die Immunologin Beatrix Grubeck-Loebenstein von der Universität Innsbruck. Sie untersucht, wie sich die Immunsysteme von Frauen und Männern unterscheiden. 

Ganz unabhängig vom Geschlecht funktioniert das menschliche Immunsystem folgendermaßen: Dringen Krankheitserreger in den Körper ein, werden sie durch das körpereigene Immunsystem bekämpft. Diese Immunabwehr teilt sich in zwei Arten: die adaptive oder spezifische Immunabwehr und die angeborene unspezifische Immunabwehr. Erstere ist nur gegen bestimmte Krankheitserreger wirksam.

Testosteron als Problem

Um Krankheitserreger tatsächlich bekämpfen zu können, müssen sich bei der spezifischen Immunabwehr Antikörper millionenfach vermehren. Hier kommt der Unterschied zwischen Frauen und Männern zum Tragen.

Während das weibliche Hormon Östrogen die Vermehrung der spezifischen Immunzellen unterstützt, wirkt sich das männliche Hormon Testosteron genau gegenteilig aus.

"Man kann verallgemeinernd sagen, dass die Immunantwort bei Frauen stärker ist, das heißt die können ein Virus schneller kontrollieren. Und bei Männern sieht man eher, dass sich das Virus weiter repliziert und mehr vermehrt.“
Marcus Altfeld, Immunologe am Heinrich-Pette-Institut in Hamburg

Bei Frauen läuft das anders. "Der Effekt des durch Östrogen gestärkten Immunsystems ist bei jungen Frauen ab der Pubertät besonders ausgeprägt und wird bei Frauen nach der Menopause schwächer", erklärt Beatrix Grubeck-Loebenstein.

Testosteron ist nicht der einzige Faktor

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Immunantwort können also tatsächlich eine wichtige Begründung dafür liefern, warum Männer für viele Krankheiten anfälliger sind als Frauen - und zwar nicht nur für Erkältung und Grippe. Doch die Anfälligkeit allein mit dem Testosteron-geschwächten Immunsystem zu erklären, würde zu kurz greifen. 

Beatrix Grubeck-Loebenstein: "Auch weitere Faktoren spielen eine Rolle, die sich stärker auf das Verhalten und die Umwelt beziehen. Männer leben immer noch risikoreicher, sie ernähren sich ungesünder und sie lassen sich weniger diszipliniert impfen."

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vom 14. November 2017
Moderation: 
Thilo Jahn
Deutschlandfunk-Nova-Reporter: 
Johannes Döbbelt