In den USA sind Wale gestrandet, deren Kadaver nicht abtransportiert werden. Sie verwesen nun vor sich hin - das kann bis zu 60 Jahre dauern.
An der Westküste der USA, im Bundesstaat Washington, sind innerhalb einer Woche 29 Grauwale gestrandet und gestorben. Weil die Wale nicht abtransportiert werden können, verrotten die Kadaver an kommunalen und privaten Stränden. Manche Besitzer haben offenbar nichts dagegen, wenn an ihrem Strand ein schulbusgroßer Wal verwest.
Im Wasser dauert es mitunter 60 Jahre, bis ein Walkadaver vollständig verrottet ist, erklärt Meeresbiologe Harald Benke, Direktor des deutschen Meeresmuseums in Stralsund. Dann bleibt vom Wal nur noch ein Bakterienteppich über.
Verwesungsdauer stark unterschiedlich
Wie lange der Verwesungsprozess am Strand dauert, ist abhängig von den Temperaturen und dem Vorkommen von Aasfressern. Das wurde auch bei Versuchen mit Kadavern von hier heimischen Schweinswalen belegt, die zu verschiedenen Jahreszeiten ins Meeresbecken von Helgoland gelegt wurden.
Im Winter dauerte es bis zu 56 Tage, bis ein Schweinswal so aufgegast war, dass er aufgetrieben ist. Im Sommer lediglich sechs Tage. Wie lange es dann dauert, bis der Kadaver weggenagt ist, kommt dann darauf an, welche Aasfresser grade unterwegs sind.
"Welche Gerüche entstehen denn dabei?" - "Also das ist wirklich schon grässlich!"
Was die Privatstrandbesitzer auf sich nehmen, wenn sie einen Walkadaver bei sich verrotten lassen, ist tatsächlich einiges. Die Gerüche, die beim Verwesungsprozess entstehen, beschreibt Harald Benke als "grässlich", und er erzählt, dass sich einige seiner Studierenden übergeben mussten.
Der Meeresbiologe ist da allerdings pragmatisch: Er sagt, nach einer Stunde würde man sich daran gewöhnen, man dürfe nur nicht den Fehler machen, den Ort zum Beispiel für eine Mittagspause kurz zu verlassen und dann wiederzukommen: "Dann kann man wieder von vorne anfangen."
Wenig Forschung über Verwesung an Land
Kalk über den Wal zu schütten, um den Verwesungsprozess zu beschleunigen, sei nur bedingt eine gute Idee, sagt Harald Benke. Denn zum einen würde der Kalk bei jedem Regen wieder abgewaschen. Zum anderen bräuchte man enorm viel Kalk, wenn man bedenkt, wie lange der Verwesungsprozess eines Wals dauert.
Als Meeresbiologe findet Harald Benke die Beobachtung der Walverwesung an den Stränden der Westküste der USA sehr interessant. Denn an Land ist dieser Prozess weit seltener protokolliert worden als im Meer.
"Die meisten Wale waren sehr, sehr abgemagert."
Dass so viele Wale in den USA gestrandet sind, lag am schlechten Ernährungszustand der Tiere, sagt Meeresbiologe Benke. Das heißt, die Wale waren entweder bereits verhungert oder so extrem geschwächt, dass sie es nicht geschafft haben.
Die Vermutung ist, dass das mit der Klimaerwärmung zusammenhängt. Bislang haben sich die Wale an kleinen Krebstieren sattgefressen, die sich wiederum von einer großen Algenblüte unter dem Eis ernährt haben. Diese Fressgründe der Wale haben sich weiter in den Norden verlagert, weil sich das Eis zurückgezogen hat.
Für die Wale bedeutet das, dass sie größere Strecken zu den Fressgründen zurücklegen müssen. Dort ist aber gleichzeitig das Nahrungsangebot kleiner geworden. Und danach steht eine 6000-10.000 Kilometer lange Wanderung an, um zu kalben.
"Das ist einfach zu viel Stress für die Wale, und wahrscheinlich sind es eben auch leidtragende des Klimawandels."
* Bei dem Foto zum Beitrag handelt es sich um die Plastik eines gestrandeten Pottwals. Die Aktion war ein Kunstprojekt im Rahmen des Umweltfotofestivals "Horizonte Zingst".