Tillmann Bendikowski hat ein neues Buch geschrieben: "1870/71: Der Mythos von der deutschen Einheit". Darin fordert der Historiker und Journalist Tillmann Bendikowski ein, den "Tag der deutschen Vielfalt" statt den "Tag der deutschen Einheit" zu feiern und kritisiert den nationalen Einheitsgedanken.
Er spricht von einem Mythos der deutschen Einheit, der seinen Ursprung im 19. Jahrhundert – im Krieg gegen Frankreich – hat.
"Zentrales Gründungsdatum dieses Mythos ist der Krieg gegen Frankreich und die anschließende Reichsgründung im Jahr 1870/71."
Der Einheitsgedanke hat Deutschland ihm zufolge mehr geschadet als genützt. Der Historiker spricht von der Hybris der Deutschen, von der man sich lösen könne. Bendikowski kritisiert die historisch begründete Vorstellung, dass es Deutschland nur gut gehe, wenn es vereint sei.
"Die deutsche Einheit hat in der Geschichte viel Unheil angerichtet und viel transportiert, was ich gar nicht haben möchte. Und es gäbe gute Alternativen für so einen Feiertag."
Zudem führt Bendikowski an, den Begriff der Nation, in Bezug auf die rassistischen Netzwerke, die bei der Polizei und in Nordrhein-Westfalen aufgedeckt wurden, zu überdenken. Er sei nicht mehr zeitgemäß.
"Nation ist nicht mehr der politische Bezugsrahmen – schon gar nicht für die junge Generation."
Bendikowski sagt, er sei kein Revolutionär und er habe auch nichts gegen die Wiedervereinigung. Nur sei die Einheit und Nation eben nicht mehr der Fokus, den wir haben sollten. Er plädiert für weniger nationale Symbole, um sich von der deutschen Identität zu lösen und sich einem Bild des Europäers anzunähern.
"Wir werden immer weniger Deutsche sein, wir werden immer mehr Europäer sein. Und ich glaube damit könnten wir viele Probleme auch hinter uns lassen."
Der Historiker sagt, er wolle die Vielfalt Deutschlands hervorheben und sieht den Einheitsbegriff als Hindernis für Unterschiedlichkeit, die nebeneinander besteht. Vielfalt müsse erlaubt sein und als Bereicherung gesehen werden.
"Deutschland muss lernen, Differenzen als Gewinn für sich selber zu verstehen. In der Vielfalt die Chance für Gemeinsamkeiten suchen."