Privat auf der Arbeit surfen hat schon einige den Job gekostet. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zeigt jetzt: Alles dürfen sich Unternehmen bei der Jagd nach den Privatsurfern nicht erlauben.

Job und Privatleben knallhart trennen. Nicht so leicht. Und schon gar nicht im Netz. Ein Ingenieur aus Rumänen hat genau deshalb seinen Job verloren. Er hatte über die Internet-Verbindung seines Unternehmens persönliche Nachrichten an seinen Bruder und seine Frau geschickt - es ging um Sex und um seine Gesundheit. Das Unternehmen hatte die Chats aufgezeichnet (ohne ihn darüber zu informieren) und kündigte ihm.

Einzelfall oder bahnbrechende Entscheidung?

Gegen die Kündigung legte der Ingenieur Klage ein, kam vor dem rumänischen Arbeitsgericht allerdings nicht weiter. Er wandte sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um sein Grundrecht auf Privatsphäre zu verteidigen. Hier bekam er schließlich Recht. Rechtsanwalt Christian Solmecke ordnet das Urteil für uns ein und erklärt, was Arbeitgeber dürfen - und was nicht.

"Über eine Woche lang ist alles mitgeschnitten worden, was der Mitarbeiter gemacht hat. Und das ist verboten worden."
Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medien und IT-Recht

Ganz so einfach sei der Fall nicht, erklärt Christian Solmecke: mehrere Faktoren spielen hier hinein. Zum einen war privates Surfen während der Arbeitszeit verboten, zum anderen aber hat der Arbeitgeber eine regelrechte Vollüberwachung seines Mitarbeiters durchgeführt. Sogar ganz ohne einen begründeten Verdacht zu haben. Und damit sei er zu weit gegangen. Er dürfe lediglich Stichproben machen, müsse diese aber auch ankündigen, erklärt Christian Solmecke.

"Selbst wenn das private Surfen verboten ist: Eine Vollüberwachung der Arbeitnehmer ist in Rumänien wie in Deutschland gesetzlich schwierig bis ausgeschlossen."
Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medien und IT-Recht

"Wegen des privaten Surfens verlieren ständig Leute den Job", sagt Christian Solmecke. Auch in Deutschland gibt es Fälle, bei denen die Kontrolle der Unternehmen zu weit ging. Etwa bei der "Keylogger-Entscheidung". Hier hatte ein Unternehmen aus der IT-Branche im Computer seines Mitarbeiters einen Keylogger installiert, mit dem jeder Tastenschlag aufgezeichnet werden konnte. 

"Das Gericht urteilte: Das geht zu weit, das verstößt gegen Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte - selbst, wenn etwas gefunden worden ist", so Christian Solmecke. In solchen Fällen dürften dann die unrechtmäßig gesammelten Daten zum Fehlverhalten des Mitarbeiters nicht verwendet werden, erklärt der Rechtsanwalt. Und eine Kündigung wäre hinfällig.

Surfen im Job: Das müsst ihr beachten

Deutsche Gerichte, so die Einschätzung des Spezialisten für IT-Recht, folgen insofern aber schon länger der Maßgabe des Europäschen Gerichtshofs: Kontrollieren dürfen Unternehmen immer nur stichprobenartig. Ganz sorgenfrei und uninformiert sollten wir uns jedoch nicht durchs Netz klicken. Was wir dabei beachten sollten, erklärt Christian Solmecke:

  • Checken, ob das Unternehmen die Online-Nutzung vertraglich geregelt hat.
  • Überprüfen, was im Unternehmen Usus ist und unter welchen Bedingungen Surfen erlaubt ist (Stundenausgleich, verbotene Seiten etc.).
  • Sich in dringenden Fällen die Erlaubnis des Vorgesetzten holen.
  • Nicht vergessen: Auch wenn wir auf dem privaten Handy surfen, bleibt das Verbot im Prinzip bestehen: Mails checken geht dann nur in der Pause.
  • Und: Niemals heimlich surfen, denn dann lässt sich eine Abmahnung oder Kündigung nicht ausschließen.
Shownotes
Gerichtsurteil
Gegen privates Surfen im Büro: Wenn Unternehmen zu weit gehen
vom 05. September 2017
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medien und IT-Recht