Gerhard Trabert und seine Kollegen sind oft mit einer mobilen Arztpraxis unterwegs und behandeln obdachlose und arme Menschen. Dabei ist die medizinische Versorgung nicht mal das Wichtigste.
Was brauchen Obdachlose wirklich? Gebe ich ihnen Geld, was zu Essen, bringe ich einen alten Schlafsack vorbei? Gerhard Trabert sagt: Das Wichtigste ist, sich einfach mal mit ihnen zu unterhalten, ihnen zuzuhören: "Schenkt ihnen das Kostbarste, was ihr habt: fünf Minuten eurer Zeit."
Das Wichtigste für Obdachlose: Zeit und ein offenes Ohr
Gerhard ist Sozialarbeiter, Arzt, Professor für Sozialmedizin und Autor des Buches "Der Straßen-Doc: Unterwegs mit den Ärmsten der Gesellschaft".
Seit Jahren ist Gerhard auf der Straße unterwegs, unter anderem in einem Arzt-Mobil, einer Art mobilen Arztpraxis in Form eines Kleintransporters. Darin kann er die wichtigsten Untersuchungen und Behandlungen durchführen und Medikamente verabreichen.
Er sagt: "Wenn die Patienten nicht zum Arzt kommen, muss der Arzt zu den Patienten kommen."Seine Patienten sind in der Regel Menschen, die auf der Straße leben und den Bezug zum normalen Gesundheitssystem verloren haben. Manche sind traumatisiert, andere seit Jahren enttäuscht von zum Beispiel Ämtern und Behörden.
Nach Schicksalsschlag sich selbst aufgeben
Gerhard sagt, in der Regel sind entweder Arbeitslosigkeit oder ein Schicksalsschlag für die Wohnungslosigkeit verantwortlich. Gerade Männer würden sich stark über die Arbeit und das Einkommen definieren. Bricht das weg, verlieren viele den Glauben an sich selbst und ihr Selbstwertgefühl. Und alles andere wird egal – auch die eigene Gesundheit.
Schicksalsschläge betrifft alle: Der Mann, der mit ansieht, wie seine Frau und seine Kinder auf einem Zebrastreifen überfahren werden. Die Frau, die schon in jungen Jahren zur Prostitution gebracht wird. Gerhard versucht in Gesprächen, ihnen Selbstwertgefühl zu vermitteln und hofft, dass sie den Glauben an sich selbst zurückgewinnen.
"Sie sind wertvoll, Sie haben Ressourcen, ich glaube an Sie!"
Im Gespräch mit Deutschland-Nova-Moderator Sebastian Sonntag erzählt Gerhard Trabert, warum er freiwillig sechs Wochen in einem Obdachlosenheim gelebt hat, warum er trotz höchster Qualifikation auf Bewerbungen mit dieser Anschrift keine Antwort bekam und was er von der Politik fordert, um sich und sein Arztmobil möglichst bald überflüssig zu machen.
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Vera Pache hat vor einem Jahr für die "Einhundert" über ihn und sein Arztmobil berichtet.