Es war der wissenschaftliche Dauerbrenner des Jahrs 2000: Craig Venters Wettstreit mit dem Human Genome Project um die Sequenzierung der menschlichen DNA. Der Genetiker und Unternehmer entschied das Rennen für sich, wenngleich seine Ergebnisse lückenhaft waren – ein zeithistorischer Blick auf die Ereignisse.
Im Sommer 2000 überschlagen sich die Zeitungen mit reißerischen Schlagzeilen. Es sei gelungen, das "menschliche Erbgut" zu entschlüsseln, das Ende schlimmer Krankheiten sei greifbar nah, weil Ärzte nun in die menschliche DNA eingreifen defekte Gene reparieren könnten.
Dabei hatte Craig Venter (im Bild oben) lediglich die Abfolge der Basenpaare in der menschlichen DNA-Doppelhelix ausgelesen. Dazu bediente er sich einer Methode, bei der das gesamte Erbgut mit seinen 3 Milliarden „Buchstaben“ in vielen kurzen Einzelteilen wild durcheinander abgelesen wird und dann durch die Suche nach Überlappungsstellen in der richtigen Reihenfolge zusammengesetzt wird; die so genannte Schrotschußmethode. Den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton veranlasst diese Entdeckung zu dem Satz: "Jetzt lernen wir die Sprache, mit der Gott das Leben erschuf!"
DNA als Software des Lebens
Davon ist die heutige Medizin weit entfernt. Aber die Forschungsergebnisse von Craig Venter und dem konkurrierenden Humangenomprojekt waren dennoch bahnbrechend, weil sie den genetischen Code für die medizinische Forschung verfügbar gemacht haben.
Deshalb wissen die Forschenden heute, dass das menschliche Erbgut sehr viel weniger Bauanleitungen für Proteine enthält als ursprünglich gedacht; dass es sehr viel komplexer reguliert ist und dass wir mit unseren Bemühungen, seine Funktionsweise zu verstehen, immer noch am Anfang stehen.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Ernst-Peter Fischer, Wissenschaftshistoriker, der einordnet, was 2000 tatsächlich entdeckt wurde: Nicht das menschliche Erbgut, sondern die Offenlegung des menschlichen Genmaterials.
- Urban Wiesing, Medizinethiker an der Universität Tübingen. Er hat sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Wissenschaft beschäftigt.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld. Er fasst Teile der öffentlichen Debatten zusammen, die die Entdeckung des amerikanischen Ärzteteams um Craig Venter ausgelöst hat.
- Deutschlandfunk Nova-Reporterin Christine Werner. Sie schildert, wie der Wettlauf um die Entschlüsselung des menschlichen Genoms zu einem Krimi wurde.