Es gibt ihn noch immer: den Gender Pay Gap – auch wenn Frauen aufholen. Warum das so ist, weiß Deutschlandfunk-Nova-Reporter Sebastian Sonntag.
Pünktlich zum Equal Pay Day erscheint eine Langzeitstudie der FU Berlin, gefördert durch die Bertelsmann-Stiftung. Die Studie lag der Zeitschrift Der Spiegel vorab vor. Das Ziel der Forscherinnen und Forscher: herauszufinden, wer die Gewinner und die Verlierer auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind.
Frauen haben in letzten 40 Jahren aufgeholt
Dafür haben sich die Forscherinnen und Forscher den Mikrozensus angeschaut. Das ist eine repräsentative Befragung, die einmal im Jahr von den statistischen Landesämtern durchgeführt wird. Dabei wird zum Beispiel abgefragt, welches Bildungsniveau eine Person hat, wer wie viel Einkommen hat oder wer wie lange gearbeitet hat. Die Zahlen beziehen sich auf Westdeutschland, da Deutschland vor 40 Jahren noch geteilt war.
Für die Langzeitstudie wurden die Zahlen so umgerechnet, dass sie miteinander verglichen werden können – zum Beispiel bereinigt durch Inflation. Dabei kam heraus, dass sich beim Einkommen eines Akademikers 1976 im Vergleich zu 2013 nicht viel getan hat: 1976 waren das durchschnittlich 3700 Euro. 2013 waren es durchschnittlich 3850 Euro. Akademikerinnen haben 1976 dagegen durchschnittlich nur 1650 Euro verdient – das entspricht dem Gehaltsniveau eines gering qualifizierten Arbeiters von 1976. 2013 hat eine Akademikerin schon 2045 Euro im Durchschnitt verdient. Frauen holen also auf, aber sie verdienen im Schnitt noch lange nicht so viel wie Männer.
Konservatives Rollenbild in Gesellschaft
Unser Reporter Sebastian hat mit der Genderforscherin Elke Horst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gesprochen und sie gefragt, woran es liegt, dass es in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen größeren Gender Pay Gap gibt. Elke Horst sagt: Das hat vor allem mit unserer Gesellschaft zu tun. Die denke in Deutschland noch recht konservativ, was sich auch auf das Verhalten von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt auswirke.
"Wir haben in Deutschland noch ein relativ konservatives Denken im Land. Vor diesem Hintergrund verhalten sich Frauen und Männer häufig traditionell auf dem Arbeitsmarkt."
Das zeigt sich auch beim Thema Kinder kriegen: In Deutschland sind es dann häufig die Frauen, die eine Zeit lang aus dem Job aussteigen und später in Teilzeit arbeiten. Das zeigt auch die Studie: Die Zahl der erwerbstätigen Frauen hat sich in den letzten 40 Jahren verdoppelt, aber die Zahl der Stunden, die sie pro Woche arbeiten, ist nur um die Hälfte gestiegen.
In anderen Ländern sei das zum Teil anders, sagt Elke Holst, weil dort zum Beispiel die Kinderbetreuung einfacher sei – und auch, dass eine Frau dann nicht als Rabenmutter verschrien werde, wenn sie ihr Kind in eine Kinderbetreuung gebe und arbeiten geht. Wichtig seien zudem die steuerlichen Rahmenbedingungen: Das Ehegattensplitting fördere zum Beispiel, dass eine Person das Geld verdiene und die andere zu Hause bleibe – in Deutschland oft die Frau.
"Das Ehegattensplitting fördert, dass eine Person eher zu Hause bleibt und die andere Person das Hauptgeld verdient. In unserer Kultur sind es die Frauen, die zu Hause bleiben und dadurch ihre Arbeitsmarktchancen verringern."
Auch Frauen fehlt die Augenhöhe
Das konservative Rollenbild ist zudem in den Köpfen der Frauen: Sie arbeiten öfter in Positionen, für die sie überqualifiziert sind. 2012 haben über 60 Prozent der Akademikerinnen auf Stellen gearbeitet, für die sie zu gut ausgebildet sind. Da hilft also nur: umdenken. Bei Männern, Frauen, in Unternehmen und in der Politik. Solange das nicht passiert, wird es wohl noch weiterhin den Gender Pay Gap geben.
"Männer, Frauen, Unternehmen, Politik: Wir alle müssen daran arbeiten, Augenhöhe herzustellen. Und auch im Beruf: Wenn Frauen nachrücken, Augenhöhe herzustellen. Also Frauen genauso zu fördern wie Männer."
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