Woher kommen die eigenen Vorfahren? DNA-Kits versprechen eine Antwort auf die Frage nach der Herkunft. Und noch mehr: Sie sollen Aufschluss über erblich bedingte Krankheiten geben. Doch darüber können die Tests nicht viel aussagen.
Kamen die Vorfahren aus England, Irland oder Deutschland, aus Senegal, Nigeria oder dem Kongo? Vor allem in den USA mit seiner langen und wechselvollen Einwanderungs- und Kolonialgeschichte ist das eine Frage, die offenbar viele interessiert.
Dort sind Gentests, die Auskunft über die eigene Herkunft angeben, besonders populär. Doch auch in Europa nutzen viele die Tests. In den Datenbanken der Anbieter lassen sich dann auch Verwandte finden.
Zoom auf die einzelnen Chromosomen
Doch wie aussagekräftig sind solche Tests? "Wir haben alle zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern und so weiter. Wenn man nur 500 Jahre zurückgeht, dann kommt man rein rechnerisch auf mehr als eine Millionen Vorfahren", erklärt Wissenschaftsjournalist Michael Stang, "da kann man dann Rosinen picken". Wenn man mit einer Heiligen oder einem Ritter von vor 500 Jahren verwandt ist, werde das ziemlich beliebig.
Bei solchen Gentests wird zum Beispiel anhand einer Speichelprobe das Genmaterial sequenziert. "Kundinnen und Kunden können sich dann online jede Stelle ihres Genoms anschauen, sortiert nach den einzelnen Chromosomen", sagt Michael Stang.
Gesundheitsbezogene Gen-Untersuchungen dürfen in Deutschland nur Ärzt*innen durchführen
Doch nicht nur die Herkunft, auch etwas über mögliche erblich bedingte Krankheiten sollen die Tests aussagen. Gesundheitsbezogene Gen-Untersuchungen dürften in Deutschland laut Gendiagnostikgesetz eigentlich nur Ärztinnen und Ärzte durchführen.
Dennoch werben manche Anbieter mit Aussagen zu "genetischen Anfälligkeit für Gesundheitsstörungen" oder damit, die "genetische Veranlagung für Hunderte von Erkrankungen" zu analysieren.
Auch die Umwelt beeinflusst Gene
"Aber: Die meisten Krankheiten lassen sich nicht auf ein einziges Gen zurückführen", stellt Michael Stang klar. Doch als Verkaufsargument nutzen manche Anbieter das eben doch. Das Ergebnis könne dann lauten, dass das durchschnittliche Erkrankungsrisiko bei 3 Prozent liegt, das persönliche aber bei 4,5 Prozent.
"Doch was heißt das? Ändert man dann etwas im Leben? Vermutlich nicht", gibt der Wissenschaftsjournalist zu bedenken. "Zumal es ja nicht so ist, dass die DNA wirklich das ganze Leben von vorne bis hinten bestimmt", ergänzt er.
"Lebenswandel, Stress, Ernährung – auch das hat einen Einfluss darauf, welche unserer Gene überhaupt aktiv werden und welche nicht."
Denn Zwillingsstudien und Erkenntnisse aus der Epigenetik – also dem Einfluss von Umwelt und Lebensstil auf die Aktivität der Gene – zeigen: "Eine bestimmte genetische Ausstattung gibt natürlich eine Richtung vor. Aber es ist eher selten, dass sich wirklich alles auf ein Gen zurückführen lässt", sagt Michael Stang.
Und: Trotz genetischer Veranlagung muss man eine bestimmte Krankheit nicht bekommen. "Lebenswandel, Stress, Ernährung – auch das hat einen Einfluss darauf, welcher unserer Gene überhaupt aktiv werden und welche nicht."
Daten löschen und zerstören lassen
Ein großer Anbieter solcher Tests, "23andMe", ist jetzt pleite. Das Biotech-Startup verkauft nun offenbar die Gendaten seiner Millionen Kundinnen und Kunden. Datenschützer hatten schon lange davor gewarnt, Gendaten an private Firmen zu geben. Denn deren Geschäftsmodell ist es, mit solchen Daten Geld zu verdienen.
Der kalifornische Generalstaatsanwalt Rob Bonta hatte deshalb auch einen Rat an die mehr als 15 Millionen Kunden von "23andMe": "Delete and destroy", also "löschen und zerstören". Man solle alle Daten löschen und das Unternehmen außerdem auffordern, sämtliche Genproben zu zerstören. Niemand wisse, wem die Daten nach dem Insolvenzverfahren gehören.