Die Menstruation ist ziemlich individuell. Trotzdem hält sich die Erzählung, dass sich die Zyklen von Freundinnen angleichen können. Unter Forschenden gehen die Meinungen auseinander.
Wenn Frauen viel Zeit miteinander verbringen, dann stimmen sich nach einer Weile auch ihre Zyklen aufeinander ab. Sie menstruieren zum gleichen Zeitpunkt. Freundinnen beobachten das zum Beispiel oder Arbeitskolleginnen. Ist diese Zyklussynchronisation ein Mythos oder tatsächlich nachweisbar?
Erste Studie 1970er-Jahre
So viel vorab: Es ist kompliziert. Es gibt Studien, die darauf hindeuten, andere sprechen dagegen. Die erste Studie, die der These nachgegangen ist, hat die damalige Psychologie-Studentin Martha McClintock in den 1970er-Jahren durchgeführt. Sie hat in ihrem Wohnheim beobachtet, dass sich die Zyklen mancher Mitbewohnerinnen angeglichen hatten.
130 menstruierende Menschen haben damals an der Studie von Martha McClintock teilgenommen. Die Studentin hat die Zyklen der Frauen dahingehend überprüft, wie viele Tage durchschnittlich zwischen der Menstruation der einen und der anderen Frau liegen.
Dabei zeigte sich, dass sich die Zeitabstände zur nächsten Periode in den Semesterferien verlängert haben. Wenn sich die Frauen nicht gesehen haben, haben sich also auch ihre Zyklen asynchron entwickelt.
Weitere Forschung in den 1990er-Jahren
In einer zweiten Studie in den 1990er-Jahren wollte Martha McClintock daher untersuchen, welcher Mechanismus hinter dem Angleichen der Zyklen steckt. Ihre Hypothese: Pheromone sind dafür verantwortlich, dass Frauen gleichzeitig menstruieren, wenn sie längere Zeit miteinander zusammenleben.
Pheromone verbinden die meisten vermutlich mit der Tierwelt. Dahinter verstecken sich Botenstoffe, die quasi als Kommunikationsmittel dienen. Für die Studie von Martha McClintock haben deshalb neun der insgesamt 29 Teilnehmerinnen Wattepads unter den Achseln getragen. Der Schweißextrakt aus den Achselpads wurde in Alkohol gelöst und den anderen Teilnehmerinnen unter die Nase gestrichen.
Pheromone und der Eisprung
In einem zweiten Schritt haben Martha McClintock und ihr Team mittels der Urin- und Blutwerte überprüft, in welcher Zyklusphase die Frauen waren. In der Studie hat die Psychologin ihre Annahme wieder bestätigt: Die Frauen, die den Achselextrakt von vor dem Eisprung unter der Nase hatten, hatten auch einen kürzeren Zyklus. Die Frauen, die Extrakte von nach dem Eisprung hatten, hatten einen längeren.
Die beiden Studien von Martha McClintock sind allerdings methodisch umstritten. Zum einen ist eine Studie mit 29 Teilnehmerinnen verhältnismäßig klein. Zum anderen haben einige Forschende die Studie von Martha McClintock aus den 1970er-Jahren überprüft und sind zu anderen Ergebnissen gekommen.
Wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen
Neben den Studien der Psychologin gibt es zwei weitere bekannte Untersuchungen zu dem Thema. 2006 haben chinesische Forschende des North Sichuan Medical College den Zyklus von 180 Studentinnen aus einem Wohnheimen über einen Zeitraum von 1,5 Jahren dahingehend beobachtet. 1993 haben Forschende der New Mexico State University die Zyklen von 29 lesbischen Paaren untersucht. Beide Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich Perioden nicht angleichen. Viele andere ebenfalls.
Auch der Ansatz mit den Pheromonen wird angezweifelt. Im Gegensatz zu Tieren ist die Wirkungsweise von Pheromonen bei Menschen bisher kaum erforscht. Menschen haben zwar Pheromonrezeptoren und Pheromone könnten unbewusst unser Verhalten steuern. Allerdings ist das System bei Menschen ziemlich verkümmert. "Ob damit ausgerechnet der weibliche Zyklus angeglichen werden kann, ist noch völlig offen", erklärt Wissenschaftsjournalistin Julia Demann.
"Die Studien, die dafür sprechen, sind schon relativ alt und methodisch sehr umstritten. Die neueren Studien kommen eher zu dem Ergebnis, dass es diese Zyklussynchronisierung bei Frauen nicht gibt."
Daher scheint es eher Zufall, wenn sich die Zyklen von Frauen aneinander anpassen. Gerade weil der Zyklus so individuell ist, zwischen 23 und 35 Tagen lang sein kann und die Periode zwischen drei bis acht Tagen dauern kann, sind Überschneidungen denkbar. Wissenschaftlich aber nicht nachgewiesen.