Whistleblower geben Geheimnisse preis, die ihre Arbeitgeber um jeden Preis bewahren wollen. Oft handelt es sich dabei um Straftaten, die vertuscht werden sollen. In einem Gutachten für "Transparency International" hat der Jurist Simon Gerdemann bewertet, wie die Bundesregierung Whistleblower künftig besser schützen sollte.

Die mediale Aufmerksamkeit, die der Fall von Edward Snowden erhalten hat, ist dem Ruf und dem Image der Whistleblower zugutegekommen, sagt der Jurist Simon Gerdemann. Whistleblowing betrifft nicht nur die Politik, es ist in vielen Bereichen angekommen, sagt der rechtspolitische Berater des Whistleblower Netzwerks. Zum Beispiel auch in der Wirtschaft. Whistleblower sorgen inzwischen auch dafür, dass Fälle von Wirtschaftskorruption öffentlich werden.

Wenn man sich anschaut, was die Whistleblower ausmacht, dann sind das Menschen, die entweder Straftaten, Gesetzesverstöße oder Missstände aufdecken – und das aus eigenem Interesse tun."
Simon Gerdemann, Jurist

Niemand wacht morgens auf und sagt, ich werde jetzt Whistleblower, sagt Simon Gerdemann. Für viele Whistleblower sei das ein Prozess, der sich oft über Jahre hinziehe. Sowohl die Entscheidung, etwas zu tun, als auch die Folgen, mit denen der Whistleblower dann leben muss.

Unternehmen, die sich vor Whistleblowing schützen wollen

Es gibt Unternehmen, die ihren Mitarbeitern von vorne herein klar machen wollen, dass so etwas nicht geduldet wird, sagt der Jurist. Passiert es dann doch, dass ein Whistleblower mit internen Informationen an die Öffentlichkeit geht, gehen Unternehmen mit unterschiedlichen Strategien vor. Manche Firmen kündigen der- oder demjenigen mit der Begründung, dass dieses Verhalten illoyal sei. Viele Gerichte sehen das auch so, sagt Simon Gerdemann.

Manche Firmen drangsalieren Whistleblower

Andere Unternehmen sprächen dem Whistleblower dagegen keine Kündigung aus, damit sich Medienberichte nicht negativ auf das Image des Unternehmens auswirken können. Diese Firmen setzten in manchen Fällen darauf, den Whistleblower unter Druck zu setzen und zu drangsalieren. Der Plan dahinter: Die - oder derjenige könnte die Firma ohne eine Kündigung von sich aus verlassen und auch keine Informationen an Dritte oder die Öffentlichkeit weitergeben, erklärt der Jurist Simon Gerdemann.

"Es gibt viele Möglichkeiten, Whistleblower soweit kleinzukriegen, dass sie hinterher freiwillig aus dem Unternehmen rausgehen, und dass sie vielleicht auch davon absehen, weiter Straftaten und andere Missstände offen zu legen."
Simon Gerdemann, Jurist

Whistleblower in Deutschland würden von Vorgesetzten gemobbt, ihnen werde gekündigt oder sie würden strafrechtlich verfolgt. Nur unter bestimmten Umständen sind Whistleblower in Deutschland durch das Gesetz geschützt, sagt Simon Gerdemann, aber das hänge sehr vom guten Willen der Richter ab. Wenn ein Whistleblower beispielsweise einen geplanten Mord leakt, muss er keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, eine Kündigung oder eine Strafverfolgung befürchten.

Europäischer Rat hat Whistleblower-Richtlinie verabschiedet

Deutschland muss demnächst die Whistleblower-Richtlinien umsetzen, die der Europäische Rat verabschiedet hat. Dann geht es vor allem darum, innerhalb dieser Richtlinien konkrete Schutzvorkehrungen aufzustellen. Simon Gerdemann fordert, dass Whistleblowern von Rechts wegen nicht abverlangt wird, dass sie sich erst intern in ihrem Unternehmen durch sämtliche Instanzen kämpfen müssen, bevor sie Informationen öffentlich machen können.

Whistleblower Edward Snowden im Deutschlandfunk-Interview nachhören.

Shownotes
Gekündigt, drangsaliert, bedroht
Whistleblower besser schützen
vom 24. November 2019
Moderator: 
Christian Schmitt
Gesprächspartner: 
Simon Gerdemann, Jurist und rechtspolitischer Berater beim Whistleblower Netzwerk e.V.