Wir sind vollständig geimpft und jetzt ist alles wieder normal? Nee. Auch vollständig geimpfte Menschen können sich mit dem Coronavirus anstecken. Vor der Party oder dem Besuch bei der Oma kann ein Selbsttest zu Hause auch für Geimpfte Sinn machen.
In Deutschland sind laut Impfdashboard rund 66 Prozent der Menschen vollständig gegen Covid-19 geimpft (Stand: 18.10.2021). Mittlerweile ist klar: Die Impfung schützt vor allem davor, schwer an Covid-19 zu erkranken. Eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus ist trotzdem möglich. Fachleute sprechen dann von einem sogenannten Impfdurchbruch.
Seit der ersten Februarwoche 2021 hat das Robert-Koch-Institut etwas mehr als 80.000 solcher Impfdurchbrüche in seinem Lagebericht (Seite 23) festgehalten. Dass es Impfdurchbrüche gibt, kommt auch bei anderen Impfungen wie bei der gegen Grippe vor, sagt Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. Denn kaum eine Impfung schützt zu 100 Prozent vor einer Ansteckung.
Wie die Corona-Impfung funktioniert
In den allermeisten Fällen ist eine Ansteckung für vollständig Geimpfte auch kein Grund zur Sorge. Weil die Impfung noch immer davor schützt, schwer an Covid-19 zu erkranken. Dafür sorgen die Antikörper.
Besonders stark ist der Schutz durch die Antikörper und verschiedene andere Zellen in den ersten zwei bis drei Monaten nach der Impfung. In dieser Zeit ist auch die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, sehr gering.
Danach nimmt die Zahl der Antikörper wieder ab. Das passiert zuerst in den Schleimhäuten der oberen Atemwege, wodurch das Virus wieder in den Körper kommen kann und wir uns anstecken. Sobald das Virus die Zellen befällt, werden die Antikörper und die Gedächtniszellen aktiv. "Es kann gut sein, dass man beim Impfdurchbruch von der Infektion gar nichts merkt", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Julia Polke. Möglich sind aber auch Erkältungssymptome wie Halskratzen, Schnupfen oder Husten.
Das Virus kann es also auch trotz Impfung in die oberen Atemwege schaffen. In die Lunge sollte das Virus aber nicht gelangen beziehungsweise dort keinen großen Schaden anrichten können.
"Nach zwei bis drei Monaten schützt die Impfung zwar nicht mehr so gut vor einer Ansteckung, aber sie schützt eben noch sehr gut davor, schwer krank zu werden."
Boosterimpfung für Alte und Immunschwache
Das gilt vor allem für junge, gesunde Menschen, wenn sie vollständig geimpft sind. Bei sehr alten Menschen oder Menschen mit einer Immunschwäche baut sich der Schutz schneller ab. Das bedeutet: Sie können trotz Impfung schwer erkranken – auch wenn das selten passiert. Für sie gibt es daher seit September die Möglichkeit einer Impfauffrischung, der Boosterimpfung.
Geimpfte können sich anstecken - sind aber kürzer ansteckend
Studien von Forschenden aus den Niederlanden und auch Großbritannien zum Beispiel zeigen zudem, dass Geimpfte nach einer Infektion mit dem Coronavirus für eine kürzere Zeit ansteckend sind als infizierte Menschen, die nicht geimpft sind.
Danach haben Geimpfte und Ungeimpfte nach einer Ansteckung ähnlich viel Virus im Rachen. Bei Geimpften sind aber weniger Viruspartikel vermehrungsfähig als bei Ungeimpften.
Und auch die Viruslast fällt bei geimpften Menschen schneller ab, weil das Immunsystem das Virus durch die Impfung schneller bekämpfen kann. Von ungeimpfte Menschen geht man deshalb davon aus, dass sie etwa zwei Tage vor Symptombeginn bis fünf Tage danach besonders ansteckend sind. Geimpfte Menschen sind um die drei Tage am ansteckendsten.
"Geimpfte sind vor allem nicht so lange ansteckend wie Ungeimpfte – wenn sie sich infizieren."
Was Antigen-Schnelltests und Co. bringen
Die Viruslast einer infizierten Person spielt auch bei Antigen-Schnelltest eine Rolle. Seitdem es Antigen-Schnelltests gibt, wird auch darüber diskutiert, wie zuverlässig sie das richtige Ergebnis anzeigen. Ob ein Ergebnis richtig positiv ist, hängt auch davon ab, wie hoch die Viruslast der getesteten Person ist.
Wie die Studien aus den Niederlanden und Großbritannien zeigen, nimmt die Viruslast bei geimpften Menschen aber schneller wieder ab. Es wäre also möglich, dass der Antigen-Schnelltest nicht sensibel genug ist und die Infektion einer geimpften Person nicht erkennt. Ein präziseres Ergebnis liefert hingegen der PCR-Test.
Selbsttests für Geimpften können helfen
Für vollständig Geimpfte kann es dennoch hilfreich sein, einen Selbsttest zu machen. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn wir ohne Mund-Nasen-Schutz und Abstandhalten auf viele Menschen treffen wie bei einer Party, Menschen besuchen, die sehr alt sind oder ein schwaches Immunsystem haben oder sich nicht impfen lassen können. Durch einen Selbsttest steigt zumindest ein Stück mehr die Wahrscheinlichkeit, eine Coronavirus-Infektion auch bei Geimpften herauszufiltern. Es sorgt für etwas mehr Sicherheit, sagt Carsten Watzl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
"In welcher Umgebung bewege ich mich gerade? Besuche ich zum Beispiel die Oma in einem Pflegeheim, wäre ich vorsichtig und würde auch als Geimpfter zumindest einen Schnelltest machen."
Sollten geimpfte Menschen doch Symptome einer Covid-19-Erkrankung bei sich wahrnehmen, ist es auch ihre Pflicht, sich zu isolieren und im Anschluss einen PCR-Test zu machen. Weil es sich in dem Fall um einen begründeten Verdacht handelt, ist der PCR-Test in der Regel kostenlos. Das gilt auch, wenn die Corona-Warn-App vor einem "erhöhten Risiko" warnt oder auch ein Schnelltest beziehungsweise Selbsttest positiv ausfällt.
Die Quarantäne kann wiederum durch ein negatives PCR-Test-Ergebnis beendet werden.