Weltweit gibt es derzeit 13.000 atomare Sprengköpfe. Die Bundesrepublik Deutschland hat keine. Das liegt auch an der Erklärung der Göttinger 18, einer Gruppe von Naturwissenschaftlern, die sich 1957 gegen den Besitz von Atomwaffen ausgesprochen hat.
Es geht hoch her in den 1950er Jahren: In der Bundesrepublik steht die Wiederbewaffnung, der Beitritt zur NATO und die Frage nach Atomwaffen im Raum. Hunderttausende demonstrieren gegen die Bewaffnung der jungen Bundesrepublik und lehnen vor allem den Besitz oder die Verfügungsgewalt über Atombomben ab. Dabei wissen sie sich bis zum Oktober 1954 einig mit Bundeskanzler Konrad Adenauer, der den Verzicht auf ABC-Waffen erklärt hatte. Diese atomaren, biologischen oder chemischen Waffen sollten in Händen der USA oder anderer NATO-Staaten bleiben.
Die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik
Am 5. Mai 1955 wird die Bundeswehr auch auf Drängen der westlichen Alliierten gegründet. Die Bundesrepublik ist der Staat direkt an der Nahtstelle zum sozialistischen Osten und kann nun für den Ernstfall eine erste Verteidigungslinie organisieren. Die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ist für die westlichen Alliierten das kleinere Übel, denn ohne eine eigene Armee hätten sie die Bundesrepublik mit verteidigen müssen.
Die eigentlich schon beendete Debatte über eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr keimt 1957 wieder auf, nachdem klar geworden ist, dass die Sowjetunion nicht nur als erste Nation einen Satelliten in die Erdumlaufbahn schicken kann, sondern dass sie auch bei den Atomwaffen mit den USA gleichgezogen hat.
Göttinger 18 gegen eine Kehrtwende Konrad Adenauers
Nun macht Kanzler Adenauer eine Kehrtwende und verkündet, dass es unerträglich sei, wenn "zwei große Staaten in der Welt allein im Besitz von nuklearen Waffen sind und damit das Schicksal aller Völker dieser Erde in der Hand haben."
Dagegen wenden sich am 12. April 1957 18 Professoren mit der "Erklärung der Göttinger 18" und warnen vor der zerstörerischen Kraft von Atombomben. Unter ihnen sind viele Nobelpreisträger und international geachtete Wissenschaftler. Ihr Appell findet Gehör: Bis heute besitzt die Bundeswehr keine Atomwaffen.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Politikwissenschaftler Robert Lorenz erläutert, wer zu den Göttinger 18 gehörte und welchen Einfluss sie mit der Erklärung ausgeübt haben.
- Der Buchautor und Historiker Wilfried von Bredow erläutert die frühe Geschichte der Bundeswehr.
- Der Philosoph Adriano Mannino schildert, ob und wie bei einem Einsatz von Atomwaffen eine Risikoabwägung stattfindet, die einen Einsatz eigentlich grundsätzlich ausschließt.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Dr. Matthias von Hellfeld blickt zurück in die 1950er Jahre und die Anfänge der Bundeswehr.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporter Armin Himmelrath hat die Autoren der Göttinger Erklärung bei der Entstehung des Textes belauscht.
Unser Titelbild zeigt drei der Unterzeichner der Göttinger 18: Carl Friedrich von Weizsäcker (r), Otto Hahn (l) und Walther Gerlach (M).