Bewohner deutscher Flüchtlingsunterkünfte, die in Corona-Zeiten gegen die Maßnahmen und Ausgangsbeschränkungen verstoßen, müssen wie alle anderen mit Strafen rechnen. Doch gerade die Abstandsregeln sind für die Menschen kaum einzuhalten.
In Bayern sind die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus strenger als in vielen anderen Bundesländern. Wer dort gegen die Ausgangsbeschränkungen verstößt, für den kann es richtig teuer werden. Das gilt auch für die Flüchtlingsunterkünfte.
Dort finden sich Aushänge, die bei Verstößen mit hohen Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen drohen. Doch in den Unterkünften ist es für geflüchtete Menschen alles andere als einfach, die in ganz Bayern vorgeschriebenen Abstandsregeln einzuhalten. Denn dort ist schlichtweg kein Platz für Abstand.
Wenn es in einer deutschen Flüchtlingsunterkunft zu einer Corona-Infektion kommt – und das ist schon passiert – dann wird im Regelfall das gesamte Heim unter Quarantäne gestellt, sagt der Journalist Christian Jakob, der das Thema für die taz recherchiert hat. In großen Unterkünften leben 600-700 Menschen auf engem Raum. Teilweise teilen sie sich zu viert, fünft oder sechst ein Zimmer. Das Infektionsrisiko dort ist also hoch.
"Die Quarantäne in einem Flüchtlingsheim ist nicht vergleichbar mit Menschen, die in der eigenen Wohnung unter Quarantäne gestellt werden."
Die Quarantäne in einem Flüchtlingsheim sei viel schwieriger als die in der eigenen Wohnung. Für die Geflüchteten sei die ohnehin schwierige Situation in Corona-Zeiten mit zusätzlichem Stress und Unsicherheit verbunden.
Viele könnten während der Quarantäne nicht mal mehr einkaufen gehen. Die Informationslage sei oft sehr schlecht. Und wenn Informationen kämen, dann oft nicht in allen notwendigen Sprachen.
Steigende Corona-Fälle in Flüchtlingsheimen
In etwa sechs deutschen Flüchtlingsunterkünfte herrschten momentan diese unbefriedigenden Zuständen, so Jakob. Der erste bestätigte Corona-Fall war in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl in Thüringen bestätigt worden. Dort ist die Quarantäne inzwischen aber wieder aufgehoben. Insgesamt nähmen die Fälle aber zu, hat Jakob für die taz recherchiert.
In den großen Essensräumen, in dem die Bewohner ihr Mittagessen bekommen (Frühstück und Abendessen machen sie sich in der Regel selber) wird inzwischen abgepacktes Essen verteilt. Das Problem mit den Abstandsregeln löst das aber nicht. Die Situation sei vielleicht annähernd vergleichbar mit Bundeswehrsoldaten, die in Kasernen leben, so Jakob.
Die Lage in sich vergrößernden Flüchtlingslagern ist noch einmal schwieriger als in fest gebauten Flüchtlingsheimen.
Besonders schlecht ist die Lage im Lager Moria auf Lesbos in Griechenland, wo es nicht einmal genug Wasser für die Bewohner gibt. Das Angebot deutscher Kommunen, Menschen von dort aufzunehmen, ist bis jetzt daran gescheitert, dass Deutschland andere europäische Länder zum Mitmachen bewegen möchte. Aktuell liegt der Plan bei der EU-Kommission.
Befristete Arbeitserlaubnis für Geflüchtete?
Der deutsche Bauernverband warnt, dass Obst und Gemüse bald knapper bzw. teurer werden könnte. Wegen der Corona-Einreisebeschränkungen gibt es nämlich zu wenige Erntehelfer, die normalerweise vor allem aus Osteuropa kommen.
Um das Problem zu lösen, will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Geflüchteten jetzt eine Arbeitserlaubnis geben - allerdings nur eine befristete. In anderen Ländern läuft das anders: In Portugal dürfen Geflüchtete etwa mindestens bis zum Sommer bleiben. Bis Juli bekommen sie automatisch eine Aufenthaltserlaubnis und damit auch Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen. Und zwar unabhängig davon, ob sie als Erntehelfer arbeiten oder nicht.