In den vergangenen Wochen war die JVA Plötzensee im Gespräch, weil etliche Insassen ausgebrochen sind. Während sich der Justizsenator jetzt dafür rechtfertigen muss, ist es für die Freigänger ein geringeres Problem. Auch wenn sie wieder gefasst werden. Eine Straftat ist ein Ausbruch nämlich nicht.
Es ist ein allgemeines Recht, die Freiheit zu suchen und deswegen darf ein Ausbruch aus dem Gefängnis nicht bestraft werden. Das erklärt Hans Hannagarth, Rechtsanwalt und Strafverteidiger: "Was bestraft werden kann, ist, wenn ich beim Ausbruch etwas beschädige. Der Klassiker, wenn ich irgendwelche Wände durchbreche oder das Fenster kaputt mache." Dann ist das natürlich Sachbeschädigung. Aber allein die Tatsache, das ein Mensch seine Freiheit sucht, ist keine Straftat.
Die Sache ist ein bisschen komplizierter. Erlaubt ist so ein Gefängnisausbruch nämlich auch nicht. Aber Bezug genommen wird dabei auf den ersten Paragrafen des Strafgesetzbuchs, der besagt: keine Strafe, wo kein Gesetz. Und verboten ist das Ausbrechen aus einem Gefängnis eben nicht.
"Indirekt wird es dann schon bestraft, weil ich mich gegen die Anstaltsregeln gewendet habe und gezeigt habe, dass ich nicht der mustergültige Häftling bin."
Die Häftlinge werden indirekt dann aber doch bestraft. Denn, wer einmal ausbricht und wieder gefasst wird, der bekommt anschließend logischerweise weniger Zugeständnisse, was zum Beispiel den offenen Vollzug betrifft oder den Hafturlaub, der dann nicht bewilligt wird.
"Es wird dann einen wesentlich längeren Zeitraum brauchen, bis ich diese Hafterleichterungen wieder bekomme."
Häftlinge werden nicht explizit darüber informiert, dass das Gesetz ihnen an dieser Stelle entgegenkommt. Hans Hannagarth ist sich aber ziemlich sicher, dass es eine der ersten Sachen ist, die sich in einer Haftanstalt bis zu den Neuen rumspricht. Jemand, der oder die einem Häftling beim Ausbruch hilft, macht sich übrigens schon strafbar.
Einbruch in den Knast
Hans Hannagarth selber hat noch nicht erlebt, dass ein von ihm vertretener Häftling aus einer Justizvollzugsanstalt ausgebrochen ist. Dafür hat er aber einen sehr skurrilen umgekehrten Fall erlebt: Ein Drogendealer hatte ein Päckchen mit Rauschgift über die Gefängnismauer geworfen. Dieses Päckchen wurde jedoch nicht abgeholt. "Und dann hat er gedacht, er wäre clever, steigt mal rüber und holt sich das Päckchen wieder. Hat dann aber festgestellt, dass der Ausstieg aus einer Haftanstalt schwieriger ist, als der Einstieg - weil der Innenhof zwei Meter tiefer lag", so der Jurist.
Der Drogendealer hatte mit dieser Aktion einen ganz klassischen Einbruch begangen. Und leicht zu finden - mit seinen Drogen - war er auch - weil er nicht mehr herauskam. Der Drogendealer bekam dann eine Strafe - wegen Einbruch.
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