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Am 28. Januar 814 herrscht im Fränkischen Reich große Trauer: Der erste römisch-deutsche Kaiser Karl (747-814) stirbt an diesem Tag. Er hinterlässt einen riesigen und vor allem mächtigen Staat, den nun sein letzter überlebender Sohn Ludwig regieren soll.

Es mag Karl in seinen letzten Jahren schon gedämmert haben, dass sein Sohn Ludwig, genannt "Der Fromme", einen schweren Stand haben würde und die Einheit des Reiches gefährdet war. Doch es blieb nur Ludwig – er war von seinem Vater am 11. September 813 auch bereits zum Mitkaiser gekrönt worden.

Drei Reiche bestimmen die europäische Politik

Karls Erbe wird nach familieninternen Streitigkeiten aufgeteilt. Nachdem mehrere Aufteilungsverträge vorangegangen waren, entstehen im Jahr 880 mit dem Vertrag von Ribemont im Westen das Westfränkische Reich (ungefähr das heutige Frankreich) und im Osten das Ostfränkische Reich (ungefähr die heutige Bundesrepublik und Österreich). Das Königreich Italien besteht bis 1806, ist aber in weiten Teilen Lehnsgebiet – und steht damit unter dem Einfluss der römisch-deutschen Kaiser aus dem ostfränkischen Reich.

Somit ist das Erbe des 814 verstorbenen Karls in drei Reiche aufgeteilt, die fortan die europäische Politik bestimmen sollten. 1957 gründet dieses europäische Kernland in Rom die Europäische Gemeinschaft: Frankreich, Deutschland, Italien und die Benelux-Staaten.

Doch das Erbe Karls des Großen besteht in weit mehr als nur in der Größe seines Reichs:

Einheitliche Währung: Seit 771 gibt es im Fränkischen Reich eine einheitliche Währung. Mit dem Denar kann man überall im Land bezahlen, Preise vergleichen und Preise kalkulieren. Außerdem gelten für Münzen gleiche Maße und Gewichte mit genau festgelegten Anteilen von Edelmetall.

Gleiches Recht für alle: Im Reich Karls des Großen gilt ein übergeordnetes Recht. Die Gesetze sind in den so genannten "Kapitularien" gesammelt, die für alle und überall gleichermaßen gelten.

Einheitliche Schrift: Schließlich gibt es auch die einheitliche "karolingische Minuskel", die bis heute die Grundlage unserer Schrift ist. Sie wird in Klosterschulen gelehrt und muss in der Öffentlichkeit verwendet werden. Sämtliche Gesetzestexte sind in dieser Schrift verfasst, so dass jeder Lesekundige sie verstehen kann.

Damit ist nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz öffentlich gemacht, sondern auch eine Bildungsoffensive gestartet worden, die in der "karolingischen Renaissance" mündet.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der Althistoriker Karl Ubl beschreibt Karls Erbe und seinen Nachfolger Ludwig, den Frommen.
  • Der Magdeburger Historiker Stephan Freund erläutert die Rolle der Thüringer im Reich Karls des Großen.
  • Der Aachener Mittelalter-Experte Florian Hartmann beschäftigt sich mit dem Europabild Karls.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt das Reich, das Karl 814 hinterlassen hat.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporter Armin Himmelrath hat die Tagesschau vom 28. Januar 814 gefunden und wieder "hörbar" gemacht.

Info: Diese Folge der History ist eine Live-Aufzeichnung vom 22. November 2023 aus Sondershausen.

Shownotes
Geeintes Europa
Das Erbe Karls des Großen
vom 26. Januar 2024
Moderation: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte