Seit 10 Jahren gibt es ein Gesetz, das besagt: Nach der Geburt darf in der Geburtsurkunde das Feld für das Geschlecht offenbleiben. Psychologin Lena Balk berät transsexuelle und nicht binäre Menschen und sagt: Von gesellschaftlicher Akzeptanz sind wir noch Lichtjahre entfernt.
Vor zehn Jahren wurde per Gesetz eine rechtliche Verbesserung für nichtbinäre und transsexuelle Menschen verabschiedet: Das Gesetz zur verpflichtenden Offenlassung der Geschlechtszugehörigkeit. Es muss seitdem in der Geburtsurkunde kein Geschlecht mehr angegeben werden.
Für nichtbinäre Menschen, die sich weder als weiblich noch als männlich identifizieren, bedeutet das: mehr gesetzliche Akzeptanz. Ebenso für transsexuelle Menschen, bei denen das biologische Geschlecht nicht ihrem Geschlecht entspricht. Die Eltern von intergeschlechtlich geborenen Kindern, die mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt kommen, werden demnach nicht mehr dazu gezwungen, ein Geschlecht auszuwählen.
"Die gesetzliche Regelung ist da, aber die gesellschaftliche Akzeptanz, da sind wir noch Lichtjahre davon entfernt."
Ein Entwurf der Regierung für ein neues Selbstbestimmungsgesetzt sieht außerdem vor, dass alle Menschen sowohl ihren Namen als auch ihr Geschlecht in Dokumenten noch einfacher ändern können. Bis dieses Gesetz durch den Bundestag gekommen ist, müssen die Änderungen noch geprüft werden: durch umfangreiche psychologische Gutachten. Solche Gutachten schreibt die Psychologin und Beraterin Lena Balk.
Gesellschaft nicht so weit wie das Gesetz
Lena Balk berät nichtbinäre und transsexuelle Menschen auch psychologisch. Sie versucht durch ihre Arbeit, das Selbstbewusstsein ihrer Patient*innen aufzubauen und sie außerdem bei allen gesellschaftlichen und rechtlichen Schritten zu unterstützen.
"Lena Balk erarbeitet Gutachten für Gerichte und erst dann dürfen Dokumente geändert werden."
In der Gesellschaft und in der Medizin gibt es häufig noch große Vorbehalte gegenüber transsexuellen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Wagner, der mit der Psychologin gesprochen hat. Aufgrund ihrer Arbeit ist Lena Balk selbst auch Hassmails und Hetze ausgesetzt. Sie musste sich sogar eine andere Telefonnummer zulegen.
Beruf und Diskriminierung
Besonders bei der Arbeit fühlen sich nichtbinär und transsexuelle Menschen immer noch häufig benachteiligt, sagt Thomas Wagner. Lena Balk berichtet aber, dass es gerade in manchen großen deutschen Unternehmen inzwischen wichtige Fortschritte gibt. Sie erzählt, dass beispielsweise die Telekom, SAP oder Siemens sogenannte Transitionsrichtlinien oder Handbücher haben.
"Große Unternehmen die haben schon seit vielen Jahren sognannte Transitionsrichtlinien."
Im Transgender Handbuch der Telekom steht unter anderem geschrieben: Welche Toilette die Person jetzt nutzt, wie die Änderung des Geschlechts in IT-Systemen vorgenommen werden kann oder wie die Namensänderung kommuniziert werden kann. Die Telekom schreibt auf ihrer Homepage dazu: "Das Handbuch soll als Orientierungshilfe beim Umgang mit einem Thema dienen."
Lena Balk sagt, die großen Unternehmen haben einfach verstanden, dass es sich bei transsexuellen Menschen um wertvolle Mitarbeiter*innen handelt, um die man sich kümmern muss. Bei kleineren Unternehmen gibt es aber aktuell noch großen Handlungsbedarf mit Blick auf die Rechte für transsexuelle und nichtbinäre Menschen.