In den 1950er Jahren wird ein großes Vorkommen an Öl und Gas in den Weiten Sibiriens entdeckt. Schnell befördert und exportiert man Milliarden Tonnen Rohöl – ein riesen Geschäft. In den 1990er Jahren sorgt Russlands Präsident Putin mit rigiden Methoden dafür, dass Gazprom mehrheitlich in staatlichen Besitz kommt.
Mitte der 1950er Jahre entdecken sowjetische Wissenschaftler riesige Öl- und Gas-Vorkommen in den Weiten Sibiriens. In Tundra und Taiga finden sie Reserven des fossilen Brennstoffs, die etwa den Mengen entsprechen, die in Saudi-Arabien gefunden worden sind. Sofort beginnen die Arbeiten an einer Förderstruktur, die bald das Ausmaß von 500 Fußballfeldern erreicht. Nach zehn Jahren sind Fördertürme aufgerichtet und Pipelines verlegt, die Öl und Gas ans Tageslicht befördern. Mit einem schnell ausgebauten Eisenbahnnetz wird das teure Produkt zu den Häfen gebracht, von wo aus es in die Welt exportiert werden kann.
Drastische Folgen für Natur und Klima
Zwischen 1976 und 1991 werden auf diese Weise etwa fünf Milliarden Tonnen Rohöl gefördert. Die UdSSR ist von diesen Exporten wirtschaftlich abhängig, deshalb wird bei der Förderung kaum Rücksicht auf die Natur genommen. Innerhalb von 25 Jahren werden rund 20 Millionen Hektar Weideflächen für Rentiere vernichtet, der Wasserpegel sinkt in manchen Regionen drastisch, während die Erdwärme in der Nähe der Fördertürme um 10 Grad steigt. Die Lebensgrundlagen der "kleinen Völker des Nordens" sind bedroht, ihre Felder und Weiden sind vom eingesickerten Öl zerstört.
Oligarchen nehmen Einfluss auf die Politik
Als 1991 die Sowjetunion zusammenbricht und in Russland eine neue Zeit beginnt, schlägt die Stunde der Oligarchen. Der Energiesektor wird privatisiert, aber weite Teile der Erdgas- und Stromwirtschaft bleiben zunächst in staatlichem Besitz. Ausländische Investoren sind willkommen. Sie kaufen sich in die russische Energiewirtschaft ein, der staatliche Anteil wird immer kleiner.
Bald sind die Oligarchen so einflussreich, dass sie die Politik des Landes maßgeblich mitbestimmen. Nach dem Wechsel von Boris Jelzin zu Wladimir Putin im Amt des Staatspräsidenten ändert sich das. Der neue Präsident überzieht die zu mächtig gewordenen Ölmagnaten mit Steuerverfahren, lässt zur Begleichung angeblicher Steuerschulden deren Firmen zerschlagen und sie von staatlichen Firmen übernehmen.
So wird aus der russischen Gasindustrie "Gasovoaya promyshlennost" – kurz Gasprom – ein riesiges Unternehmen, das seit 1992 als Aktiengesellschaft mehrheitlich in staatlichem Besitz ist und über eine Reihe von Tochtergesellschaften verfügt, zu denen unter anderem die Nordstream AG gehört.
Ihr hört außerdem in Eine Stunde History:
- Die Journalistin und Russlandexpertin Gemma Pörzgen erläutert die Macht, die aus den Pipelines kommt.
- Jacopo Pepe von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik beschäftigt sich mit der Energieversorgung Europas, die u.a. durch russisches Gas und Öl abgedeckt wird.
- Der Bonner Friedens- und Konfliktforscher Andreas Heinemann-Grüder schildert das Verhältnis zwischen EU und Russland.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld berichtet über die Anfänge der sowjetischen Öl- und Erdgasförderung in den 1950er Jahren.
- Deutschlandfunk Nova-Reporterin Veronika von Borries blickt zurück auf die Anfänge von Gazprom.