Letzte Woche schoss die Aktie der Videospiel-Ladenkette Gamestop nach oben. Gab es illegale Absprachen zwischen dem Hedgefonds Citadel Securities und Aktienhandelsplattformen wie Robinhood und Trade Republic? Die US-Behörden ermitteln.
Letzte Woche gab es viel Aufregung um die Aktie der Videospiel-Ladenkette Gamestop: Millionen von Kleinanlegern hätten sich in Reddit-Gruppen verabredet, um mit Hilfe von Kostenlos-Apps wie Robinhood oder Trade Republic Aktien des angeschlagenen Videospielverkäufers zu kaufen. Dadurch haben sie den Aktienkurs des angeschlagenen Unternehmens um mehr als 1000 Prozent nach oben katapultiert.
Einige alteingesessene Hedgefonds, deren spezialisierte Shortseller an der Börse auf den Untergang von Gamestop gewettet hatten, sind dadurch aber offenbar an den Rand des Ruins gebracht worden. Sie verloren Milliarden, weil die Kurse plötzlich stiegen, statt zu fallen. Der Hedgefonds Melvin Capital etwa konnte nur durch Milliardenfinanzspitzen von Kollegen vor dem Aus gerettet werden. Soweit die Story.
Goliath gegen Goliath?
Doch war es tatsächlich eine Art ausgestreckter Mittelfinger der kleinen Hobby-Händler in Richtung der mächtigen Finanzmarkt-Spekulanten? Scheinbar nicht. Denn die bisherige David-gegen-Goliath-Version der Geschichte stellt sich mittlerweile etwas anders dar, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte.
"Gamestop ist nicht die Geschichte von David gegen Goliath. Sondern Goliath gegen Goliath. David war das Feigenblatt."
Die Goliath-gegen-Goliath-Erklärung treffe es besser, schreibt zum Beispiel der ehemalige Finanzbroker Alexis Goldstein in seinem Finanzblog markets weekly. Er und viele andere sagen, dass es gar nicht die Robinhood-Trader waren, die die mächtigen Hedgefonds in Bedrängnis gebracht haben – sondern andere, viel größere und mächtigere Finanzmarktteilnehmer.
Vermutung: Illegale Absprachen
Als Reaktion auf die Aktienturbulenzen hatten Robinhood und Trade Republic den Handel mit Gamestop und weiteren Unternehmen vorübergehend eingestellt. Die offizielle Begründung: Man wolle verhindern, dass Kleinanleger bei dem gefährlichen Spiel mit Aktien ihr Geld verlieren.
Doch dieser Begründung glauben viele Kleinanleger nicht. Sie verdächtigen Robinhood und Trade Republic, dass sie in Wahrheit mit den großen Hedgefonds unter einer Decke stecken.
Robinhood verkauft Userdaten
Mittlerweile wurde nämlich bekannt, dass Robinhood die Daten seiner User an andere Wallstreet-Händler weiterverkauft. An sogenannte Hochfrequenzhändler wie zum Beispiel Citadel Securities. Diese Unternehmen verdienen ihr Geld damit, dem Markt immer ein Stück voraus zu sein. Wenn sie also früh darüber im Bilde sind, dass sich gerade bei Reddit Kleinanleger zusammenrotten, um im großen Stil Gamestop-Aktien zu kaufen, dann wissen sie vor allen anderen, dass die Kurse steigen und nicht fallen werden.
Diesen Vorteil habe Citadel Securities laut Medienberichten dazu genutzt, sich eben nicht an der Wette auf fallende Gamestop-Kurse zu beteiligen. Stattdessen kaufte sich der Hochfrequenzhändler für mehrere Milliarden Dollar ein Stück des strauchelnden Hedgefonds Melvin Capital, der diese Infos nicht besaß und auf den Untergang von Gamestop gewettet hatte.
"Weil Citadel mit den Daten der Kleinanleger von Robinhood eine hübsche Stange Geld verdient, bekommt die Trading App dafür eine Provision vom Gewinn."
Mit den Daten der Kleinanleger von Robinhood verdient der Hochfrequenzhändler eine Menge Geld. Dafür bekommt die Trading App eine Provision vom Gewinn. Genau von diesen Provisionen finanziert sich Robinhood überhaupt: Im ersten Quartal 2020 haben solche Provisionen 70 Prozent des Umsatzes ausgemacht, berichtet unsere Netzreporterin.
"Das stinkt nach Korruption"
Ob diese Praktiken legal sind, überprüfen jetzt die amerikanische Börsenaufsicht FEC und die Gerichte, unter anderem in Texas. Das Ganze "stinkt nach Korruption", so der dortige Generalstaatsanwalt Ken Paxton. Auch New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James will ermitteln.
Der Frust der Anleger über Robinhood ist so groß, dass sich weit mehr als 20.000 von ihnen einer Sammelklage angeschlossen haben. Fest stehe momentan nur eines, schreibt das Vice Magazine: Die Gewinner der Gamestop-Börsenrevolution seien am Ende die Finanzriesen. Und die Kleinanleger nur die Davids – Spielbälle in einem Kampf, den die meisten nicht überblicken.