Jana Reinhardt stellt zwei digitale Spiele vor, die über den Sound statt über die Grafik wirken. Im politischen Thriller "Alt-Frequencies" müssen Spielerinnen und Spieler Radiosendungen anderer Stationen manipulieren. Beim Adventure "Sound of Magic" ist der Bildschirm nahezu schwarz und Beschreibungen leiten durch das Spielerlebnis.
Wer an Computerspiele denkt, hat Bilder vor Augen: Vielleicht von "Mario Brothers", wo Mario als Pixelfigur in Latzhose über grüne Röhren hüpft, Pilze sammelt und auf Schildkröten springt. Auch bei Shootern stehen visuelle Eindrücke im Vordergrund: Aus Egoperspektive in nahezu fotorealistischer Grafik lassen sie die Spielenden durch eine Raumstation fliegen oder durch Schützengräben hasten.
Spiele, die mehr über das Hören und weniger über das Sehen wirken, sind ungewöhnlich. Deutschlandfunk-Nova-Gameexpertin Jana Reinhardt stellt zwei Spiele vor, bei denen Töne, Sprache und Musik viel wichtiger sind als die Grafik.
Alt-Frequencies: Parabel auf absurde Politik
Die Grafik reduziert sich auf ein Radio, das verschiedene Stationen bereitstellt, zum Beispiel News One, Fresh FM oder Campus Radio – auch ein Piratensender ist dabei und sogar der Funk von Bahn-Angestellten.
In Alt-Frequencies geht es um Zeitschleifen. Die Zeit wird immer wieder zu einem bestimmten Punkt zurückgespult und täglich grüßt das Murmeltier. Alle Radiostationen reden über diese Zeitschleife. Bald soll eine Wahl stattfinden, bei der die Bürger abstimmen können, ob sie in Zukunft überhaupt mit so einer Zeitschleife leben wollen.
"Wir brauchen die Schleife für unser Land, unsere Wirtschaft und Natur."
Der Piratensender behauptet, die Zeitschleife sei längst aktiv. Das Leben wiederholt sich längst, ohne dass die Menschen dies bemerken. Alle ein bis zwei Minuten wiederholt sich das Radioprogramm. Die Spielenden schlagen sich auf die Seite der Rebellen und so entspinnt sich ein Thriller um Verschwörungstheorien, wobei das Game stark an ein klassisches Hörspiel erinnert.
Es handelt sich aber um ein Hör-Game, alles funktioniert also interaktiv. Spielende übernehmen die Rolle der Hauptperson und klären die seltsame Situation schließlich auf, in dem sie Einfluss auf die Radiosendungen nehmen.
"Belügt uns unsere Regierung? - Sadie, hier eine Frage an dich: Ja, einmal bellen, nein, zweimal!"
Das Gameplay findet Game-Expertin Jana Reinhardt auf Dauer wenig abwechslungsreich. Außerdem könnte das Spiel und damit die Geschichte etwas länger sein. Die große Qualität des Spiels sei das Thema: Es symbolisiere absurde politische Entscheidungen, die das Leben einer ganzen Generation nachhaltig beeinflussen und sei somit eine brisante Anregung für politisches Engagement.
Sound Of Magic: Die beste Grafik entsteht im Kopf
Sound of Magic kombiniert klassisches Hörspiel mit einer vollständig interaktiven Fantasy-Spielwelt. Als herzloser Magier spielt ihr nicht mehr den Superschurken, der ihr einst wart. Nach einem Sturz wacht die Hauptperson in einer Ruine auf, kann sich an nichts mehr erinnern und der Kerkermeister "Azrug" verhilft ihr zur Flucht.
Im Spiel erkundet ihr wie bei einem klassischen Adventure verschiedene Orte, die oft nicht sehr groß sind. Schließlich müssen sich Spielende die ganze Welt merken. Dort können sie Objekte mitnehmen, kombinieren, tauschen und kleine Rätsel lösen.
"Wieso kann ich mich an nichts erinnern? - Und wieso hat sich euer Aussehen so drastisch verändert? Wenn ich all das nur wüsste, mein Gebieter."
Sound of Magic ist simpel, von der Erzählung über die Rätsel bis hin zu den Figuren, alles ist voller Klischees. Für diese Art Spiel ist das genau die richtige Mischung, findet Deutschlandfunk-Nova-Gameexpertin Jana Reinhardt. Die Wischgesten seien sehr intuitiv – so seien Spielende die ganze Zeit begeistert, wie gut alles funktioniert.
Sound of Magic verzichtet komplett auf Grafiken und punktet mit einer durchdachten Steuerung. Beim Bewegen, Kombinieren und Zaubern entsteht die beste Grafik überhaupt - nämlich die im Kopf, sagt Jana Reinhardt. Besonders schön: Das Spiel ist für sehbehinderte Spielerinnen und Spieler komplett zugänglich.