Unter dem Motto Fridays for Future demonstrieren mittlerweile jeden Freitag Zehntausende Schülerinnen und Schülern in Deutschland für einen besseren Klimaschutz. Wer zur Demo geht, fehlt allerdings in der Schule und verpasst den Unterricht. Und genau das ist gesetzlich nicht erlaubt. Wie das an Schulen zwischen Schülern und Lehrern diskutiert wird, erzählt ein Lehrer.
Jan-Nicolai Kolorz unterrichtet an einem Kölner Gymnasium. In seiner Klasse haben noch keine Schüler an den Fridays-for-Future Demos mitgemacht, aber die Schüler und Lehrer diskutieren viel darüber. Die zuständige Bezirksregierung hat gerade noch mal geklärt, dass Schüler während der Schulzeit nicht wegen einer Demo fehlen dürfen. Sie können allerdings eine Begründung schreiben und die Schule kann dann Ausnahmen verhandeln.
Schüler müssen entscheiden, ob sie für ihr Engagement gegen den Klimawandel die Schule schwänzen
Jan-Nicolai Kolorz räumt ein: Seine Schüler befinden sich zurzeit in einem Konflikt. Sie müsste zwischen der Schulpflicht und ihrem Demonstrationsrecht abwägen.
"Darf ich mich versammeln und für meine Meinung einstehen oder muss ich zur Schule?"
Die Folge: Viele Schülerinnen und Schüler sind irritiert. Sie könnten nicht nachvollziehen, warum sie auf der einen Seite zu demokratischer Teilhabe erzogen werden und auf der anderen Seite der Schule für die Demos nicht fern bleiben dürfen, erzählt Jan-Nicolai Kolorz.
Trotz Verbot zu Demo, findet der Kölner Lehrer Jan-Nicolai Kolorz
Und wie steht der Lehrer zu den Freitagsprotesten? Jan-Nicolai Kolorz sagt, die Schülerinnen und Schüler sollten einfach an den Demos teilnehmen, obwohl das nicht erlaubt ist. Wem der Einsatz fürs Klima wirklich eine Herzensangelegenheit sei, müsse eben eine Fehlstunde in Kauf nehmen. Eine Haltung, die Jan-Nicolai Kolorz nach eigener Aussage auch offen vor seinen Schülern vertritt.
"Ich persönlich würde das ganz anders machen. Ich würde tatsächlich sagen: 'Geht da hin. Ihr dürft das nicht, aber riskiert in diesem Fall eine unentschuldigte Fehlstunde. Oder von mir aus auch fünf Stück, wenn es ein echtes Anliegen ist.'"
Einsatz für Klimaschutz oder Vorwand zum
Jan-Nicolai Kolorz räumt aber auch ein: Nicht das gesamte Lehrerzimmer teilt seine Ansicht. Der Vorwurf: Für einige Schülerinnen und Schüler seien die Demos ein Vorwand, zum Schule schwänzen - gerade, weil mittlerweile wöchentlich für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen werde.
"Vielleicht verleitet das auch einige Kollegen zu sagen: 'Die trinken Fanta und haben keinen Bock auf Schule'."
Jan-Nicolai Kolorz kann nicht ausschließen, dass an diesen Vorwürfen etwa dran ist. Er nimmt das aber in Kauf, wenn es darum geht, zur demokratischen Teilhabe zu ermutigen. Hier sei eben Mut an Schulen gefragt - und Vertrauen, dass sich die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler, die nicht zum Unterricht kommen, tatsächlich für den Klimaschutz einsetzen.
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