Übergriffe und Anschläge auf Ausländer und Flüchtlinge, Pegida, die starke AfD - warum passiert all das so konzentriert und so regelmäßig in Sachsen? Das ist eine Frage, die immer wieder gestellt wird - und auf die es keine einfachen Antworten gibt. 40 Autorinnen und Autoren versuchen sich in dem Buch "Unter Sachsen" trotzdem einer Beantwortung anzunähern.
- seit zweieinhalb Jahren hetzen Pegida-Anhänger in Sachsen gegen Ausländer und die Berliner Flüchtlingspolitik
- die Übergriffe auf Flüchtlinge von Rechtsradikalen in Freital
- die Demos in Clausnitz gegen einen Bus mit Flüchtlingen
- der Sprengsatz, der in Bautzen auf eine Flüchtlingsunterkunft fliegt
- die starke AfD im Landesparlament
Natürlich sei nicht jeder Sachse fremdenfeindlich, sagt Matthias Meisner, Redakteur beim Tagesspiegel und Mitherausgeber des Buches "Unter Sachsen - Zwischen Wut und Willkommen", das im März im Christoph-Links-Verlag erschienen ist. Auch in Sachsen gingen sehr viele Menschen gegen rechts auf die Straße und engagierten sich. Und Sachsen sei natürlich auch nicht das einzige Bundesland, in dem sich solche Vorfälle ereignen. Doch in Sachsen träten sie besonders exponiert auf, so Meisner. Dafür gäbe es eine ganze Reihe von Erklärungen - manche reichten bis in die DDR-Zeit zurück.
"Der Umgang mit Vertragsarbeitnehmern aus Vietnam und Mosambique war schon in der DDR nicht besonders toll."
Nach der Wende habe die regierende CDU die Probleme mit Rechtsextremismus und Fremdenhass lange Zeit negiert, sagt Meisner. Kurt Biedenkopf, der erste Ministerpräsident nach der Wiedervereinigung, hatte damals gesagt, die Sachsen seien "immun gegen Rechtsextremismus". Manchmal habe man den Eindruck, so Meisner, an dieser Doktrin habe sich bis heute so viel nicht verändert. Nach 1990 sei die Integration versäumt worden, die Aufarbeitung von rechtsextremistischen Vorfällen sei zu zögerlich verlaufen - Polizei und Justiz seien zum Teil auf dem rechten Auge blind gewesen.
"All das hat zu einer Stimmung geführt, in der sich auch Gruppen aus der Mitte mit Rechtsextremisten verbündet haben."
26 Jahre ist es her, dass Neonazis in Hoyerswerda Ausländer angriffen und teilweise 500 Menschen dabei herumstanden und sich auch noch beteiligten. In dem Buch "Unter Sachsen" haben die Autoren viele Einzelfälle zusammengetragen. An vielen Orten habe eine wirkliche Aufarbeitung der fremdenfeindlichen Vorfälle nicht stattgefunden, sagt Meisner.
Übrigens: Eine neue Statistik des BKA besagt, dass die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsheime abgenommen hat und wieder auf dem Stand von 2015 ist - damit ist sie aber immer noch sehr hoch.