Zu viel Freizeit kann uns unglücklich machen. Und wenn wir dann noch zu hohe Erwartungen an sie haben, wird es doppelt schwierig. Die Lösung ist theoretisch einfach: Ein gesundes Mittelmaß finden.
Viele klagen über zu wenig Freizeit, ist doch der Alltag mit Arbeit und Familienverpflichtungen oft so voll, dass kaum freie Zeit bleibt. Nur: Zu viel Freizeit ist auch nicht gut. Forschende der University of Pennsylvania und der University of California haben die Freizeit-Situation von 35.000 Menschen untersucht und kommen zum Ergebnis: Ab einer Freizeit von fünf Stunden am Tag wirkt sich jede zusätzliche – und nicht produktive – freie Zeit negativ auf das Wohlbefinden aus.
Zu viel Freizeit fördert Problemdenken
Neurowissenschaftler Henning Beck erklärt das so: Wenn wir zu viel freie Zeit haben und uns überlegen müssen, was wir denn damit anfangen könnten, sind im Gehirn Areale aktiv, die uns unglücklich machen – diese werden auch Ruhezustandsnetzwerk genannt.
In diesem Netzwerk verarbeiten wir reizunabhängige Gedanken, machen Zukunftspläne, tagträumen, denken aber auch über Dinge nach, die wir problematisch finden. Bei zu viel freier Zeit, "katastrophisieren wir", sagt Henning Beck.
"Zu viel freie Zeit ohne Beschäftigung ist nicht gut."
Dass zu viel Freizeit unglücklich machen kann, sieht Henning Beck als Beleg dafür an, wie wichtig es ist, eine sinnvolle Aufgabe im Leben zu haben – zum Beispiel die Arbeit oder auch das Ehrenamt im Ruhestand. "Menschen werden nicht glücklich dadurch, dass sie ganz viel Zeit haben und sich dann überlegen sollen, was sie damit anstellen."
Die Studie der amerikanischen Forscherinnen und Forscher kommt zu dem Schluss, dass zwei bis fünf Stunden Freizeit pro Tag das optimale Maß sind. Untersucht wurden dabei nur Menschen aus den USA.
Freizeit, trotzdem Stress
Ein weiteres Problem mit der Freizeit – neben dem, davon eventuell zu viel zu haben – können laut Psychotherapeutin Denise Ginzburg zu hohe Erwartungen sein. Sie sagt: Wir versehen unsere Freizeit mit Zielen, die wir erreichen wollen, zum Beispiel bestimmte Orte besuchen, To Dos von der Bucketlist abarbeiten oder sportliche Herausforderungen meistern. Je nachdem, wie schwierig es ist, diese Ziele zu erreichen und welche Persönlichkeit wir haben, kann das als anstrengend und stressig empfunden werden.
Mit der Freizeit ist es also wie so oft im Leben: Die Dosis macht das Gift. Extrem viel und extrem wenig von ihr kann schaden. Genauso wie extrem hohe Erwartungen an sie.
Ansätze könnten also sein: Eine sinnvolle Beschäftigung finden statt sich mit zu viel Freizeit zu quälen. Und: Erwartungen an die Freizeit runter schrauben. Weniger ist mehr.