Nick studiert Grundschullehramt, zuvor hat ihn ein Freiwilliges Soziales Jahr von seiner Berufswahl überzeugt. Auch unsere Reporterin Lisa Bolten hat Erfahrung mit freiwilliger Arbeit. Was uns das bringen kann und was die Gesellschaft davon hat, dazu forscht der Arbeits- und Organisationspsychologie Theo Wehner.
"Auf jeden Fall, es war so eine schöne Erfahrung", sagt Nick. Sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einer Grundschule würde Nick genauso noch mal machen. Das habe auch an seinem super Kollegium gelegen in dieser Zeit. Vor allem aber habe er gemerkt, wie spannend und abwechslungsreich der Beruf des Grundschullehrers für ihn sein kann.
"Ich würde das FSJ genauso noch mal machen. Auf jeden Fall, es war so eine schöne Erfahrung."
Sein FSJ hat Nick an seiner alten Grundschule gemacht, wie schon sein Schülerpraktikum Jahre zuvor. Seitdem sei ihm klar gewesen, dass er unbedingt mit Kindern arbeiten will.
Auch wenn die Knirpse mitunter kleine Nervensägen sein können, es sei echt bezaubernd, was Kinder so drauf haben, so Nick. Ihm helfe dabei, dass er vielleicht kindlicher als andere denken und sich gut in ihre Lage der Kleinen hineinversetzen könne.
Freiwillige Arbeit: Erfahrung wichtiger als Geld
Das FSJ hat Nick dabei geholfen, erste Kompetenzen im Auftreten und der Ansprache zu entwickeln, sodass Kinder ihm beispielsweise bei der Vermittlung von Lehrinhalten besser folgen können, sagt er. Diese Erfahrungen hätten ihm auch sehr viel für sein jetziges Grundschullehramtsstudium gebracht.
Das Highlight im FSJ sei gewesen, dass er schon ganz zu Anfang gefragt wurde, eine AG zu leiten. Die Sportspiele-AG und auch seine Tanz-AG haben ihm dann besonders großen Spaß gemacht.
"Mir ging es auch überhaupt nicht ums Geld. Mir ging es um die Erfahrung und ich wusste halt genau, worauf ich mich einlasse."
Rund 300 Euro monatlich hat Nick im FSJ bekommen. Da er damals noch bei seinen Eltern wohnte, sei er damit gut klargekommen. Doch Geld sei ihm hier nie wichtig gewesen, er wollte vor allem Erfahrung sammeln.
60-Stunden-Woche in Bangkok
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Lisa Bolten hat mit 18 Jahren ein Jahr lang freiwillig an einer internationalen Schule in Bangkok gearbeitet und dabei sehr gemischte Erfahrungen gemacht. Sie war vor allem für die Betreuung der Internatsschülerinnen verantwortlich, hat aber auch im Unterricht mitgeholfen.
"Wenn ich dann auch noch am Wochenende gearbeitet habe, dann ist es schnell mal passiert, dass ich 60 Stunden gearbeitet habe."
Gearbeitet hat Lisa in der Regel von montags bis freitags. Ein typischer Tag sei um 6:30 Uhr losgegangen und dauerte oft bis circa 22 Uhr. "Wenn ich dann auch noch am Wochenende gearbeitet habe, dann ist es schnell mal passiert, dass ich 60 Stunden gearbeitet habe", sagt sie.
Hohe Arbeitsbelastung und wenig Unterstützung
Die Arbeitsbelastung sei teilweise heftig gewesen, dazu das drückende und schwüle Klima. Lisa hatte auch keinerlei pädagogische Vorkenntnisse, musste es schaffen, junge Mädchen ins Bett zu bringen und gleichzeitig Freundin sein. Das sei teils schon sehr herausfordernd gewesen, oft habe sie sich alleine gelassen gefühlt. Zudem habe ihre Chefin eine sehr negative Art gehabt und alles andere als eine Vertrauensperson gewesen.
"Es war auf jeden Fall ein ganz kalter Wurf ins echte Leben, der mich aber auch gut vorbereitet hat auf das, was danach kam."
Ihre Zeit in Bangkok bereut Lisa dennoch nicht. Die Erfahrungen seien sehr lehrreich gewesen, um zum Beispiel zu lernen, wie sie mit anderen Menschen umgehen möchte. Aber auch, wie mit ihr umgegangen werden soll und wo ihre Grenzen liegen. "Es war auf jeden Fall ein ganz kalter Wurf ins echte Leben, der mich aber auch gut vorbereitet hat auf das, was danach kam", sagt sie.
Freiwilligendienst ist keine Schnupperlehre
Freiwillige Arbeit würden wir auch für uns machen, aber der Auslöser sei meistens etwas für andere zu tun, sagt der Arbeits- und Organisationspsychologe Theo Wehner. Und für andere da zu sein, verändere uns in vielerlei Hinsicht. "Es macht beispielsweise erfahrbar, dass wir durch andere sehen, wer wir sind", sagt er. Das sei ganz zentral für unsere Sozialisation.
"Es ist keine Schnupperlehre. Freiwillige sollte man dabei unterstützen, als Laien eine Erfahrung zu machen, die wir sonst in der Gesellschaft nicht machen."
Hohe Verantwortung oder der Kontakt mit vulnerablen Gruppen – Organisationen sollten beachten, dass Freiwillige keine Profis sind und sie vielleicht auch gar nicht beruflich in dem Feld tätig werden wollen. "Freiwilligendienst ist keine Schnupperlehre", so der Psychologe. Menschen im FSJ sollten dabei unterstützt werden, als Laien eine Erfahrung zu machen, die sie sonst in der Gesellschaft nicht machen würden.
Freiwilligenarbeit stärkt die Zivilgesellschaft
Freiwillige sollten nicht als eine Art Reservearmee gesehen werden, um Personallücken etwa in systemrelevanten Berufen zu füllen. Die Freiwilligenarbeit sei auch kein Erziehungsinstrument, dass jungen Menschen Orientierung geben soll. Orientierung könne jedoch vertieft werden.
"Zivilgesellschaft zu stärken, das ist eine zentrale Aufgabe und das tun sehr viele Freiwillige."
Auf Kürzungen, die in dem Bereich der Freiwilligendienste geplant sind, blickt der Experte kritisch. Freiwilligenarbeit sei auch deshalb so wichtig, da sie unsere Zivilgesellschaft fördere. Die Organisation und Betreuung koste natürlich.
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- Nick, hat sein FSJ an einer Grundschule gemacht
- Lisa Bolten, war als Freiwillige an einem Internat in Thailand
- Theo Wehner, Arbeits- und Organisationspsychologe