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204 von 630: So viele Sitze sind nach der Bundestagswahl im Bundestag von Frauen besetzt. Weniger als vorher. Das liegt auch daran, dass AfD und Union so wenige weibliche Abgeordnete haben. Wir sprechen mit Christina Stumpp aus dem CDU-Bundesvorstand darüber, was sich ändern muss.

Christina Stumpp ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Generalsekretärin der CDU. Sie ist überzeugt: Frauen bringen eine andere Perspektive in politische Entscheidungen ein.

"Frauen haben einen anderen Blick auf bestimmte Themen, sind vielleicht auch einfühlsamer und haben oft das große Ganze im Blick."
Christina Stumpp, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Generalsekretärin der CDU

Als Beispiel nennt Stumpp die Corona-Pandemie. Sie frage sich, ob es tatsächlich zur Schließung von Spielplätzen gekommen wäre, wenn gemischte Teams, insbesondere Frauen mit Kindern, darüber entschieden hätten – insbesondere, da sogar Spielplätze im Freien zeitweise geschlossen worden seien.

"Die Schließung von Spielplätzen im Freien – ich bin mir nicht sicher, ob eine gemischte Runde das genauso entschieden hätte."
Christina Stumpp, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Generalsekretärin der CDU

Doch trotz der Bedeutung von Frauen in der Politik bleibt ihr Anteil niedrig – im neuen Bundestag besonders bei AfD und der CDU. Nur 23 Prozent der Unionsabgeordneten sind Frauen. Bei der AfD sind es mit 12 Prozent noch weniger.

Der Frauenanteil im Bundestag ist im Vergleich zur vergangenen Legislatur leicht gesunken – aktuell liegt er bei insgesamt 32,4 Prozent.

Warum ziehen weniger Frauen ins Parlament ein?

Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Annika Säuberlich hat sich genauer angeschaut, warum die Bevölkerung in Deutschland zwar rund zur Hälfte aus Frauen besteht, es aber dennoch so viel weniger Frauen als Männer im Bundestag gibt.

Ein zentraler Punkt: Frauen werden seltener in aussichtsreichen Wahlkreisen aufgestellt.

"Es liegt nicht an den Wähler*innen, sondern daran, dass Frauen oft in Wahlkreisen kandidieren, die schwer zu gewinnen sind."
Politikwissenschaftlerin Sarah Dingler von der Uni Innsbruck

Das bestätigt auch Politikwissenschaftlerin Sarah Dingler von der Uni Innsbruck. Sie erklärt, dass das neue Wahlrecht die Situation zusätzlich erschwert.

"Direktmandate gehen oft an Männer. Und mit dem neuen Wahlrecht fallen Wahlkreissiegerinnen mit schwachen Ergebnissen aus dem Bundestag raus. Das trifft häufiger Frauen."
Annika Säuberlich, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Dazu kommt: Weniger Abgeordnete ziehen über die Listenplätze ins Parlament. Für Frauen, die seltener Direktmandate gewinnen, ist das ein Problem.

Ist die Quote eine Lösung?

Die Grünen und die Linke setzen schon lange auf paritätische Listenaufstellungen. Ihr Frauenanteil im Bundestag ist deutlich höher. Aber wäre eine gesetzliche Quote für alle Parteien die Lösung?

Hier gibt es verfassungsrechtliche Hürden. In Brandenburg und Thüringen wurden Paritätsgesetze bereits als verfassungswidrig gekippt. Die Gerichte argumentierten, dass alle Abgeordneten das Volk insgesamt repräsentieren – unabhängig vom Geschlecht.

Die Politikwissenschaftlerin Sarah Dingler sieht das kritisch und merkt an, eine Quote wäre der einfachste und effektivste Weg, dass Parität erreicht werde.

"Wenn wir warten, bis sich Stereotypen von allein abbauen, dauert es ewig, bis wir Parität im Bundestag erreichen."
Politikwissenschaftlerin Sarah Dingler von der Uni Innsbruck

Parteien könnten gezielt Frauen für die politische Arbeit gewinnen und fördern. Allerdings bestehe das Problem, dass Frauen, solange sie bewusst oder unbewusst als weniger kompetent wahrgenommen würden als Männer, nicht in die Position kämen, um die Hälfte des Bundestages zu stellen. Deshalb fordern einige eine Verfassungsänderung, um eine verpflichtende Quote zu ermöglichen.

Kein Frauenproblem, aber Luft nach oben?

Christina Stumpp sieht ihre Partei nicht als frauenfeindlich. Sie betont, dass die CDU unter Friedrich Merz bereits Maßnahmen zur Frauenförderung ergriffen habe.

Der Anteil der Frauen gehe im Deutschen Bundestag und in der Bundestagsfraktion zudem nicht zurück, sondern bleibe gleich.

"Wir haben ein Netzwerk für Frauen in der Kommunalpolitik gegründet. Und ab Juli 2025 sollen unsere Parteivorstände zu 50 Prozent mit Frauen besetzt sein."
Christina Stumpp, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Generalsekretärin der CDU

Christina Stumpp erklärt, woran bei der Union im Gegensatz zu anderen Parteien die paritätische Besetzung der Bundestagsfraktion scheitere. Sie sei auf Listenplatz fünf gewesen, doch in Baden-Württemberg habe die Landesliste keinen Sitz erzielt, da dort alle Mandate direkt gewonnen worden seien. Alle Abgeordneten der Landesgruppe in Baden-Württemberg seien direkt in ihren Wahlkreisen gewählt worden.

Die Liste sei zwar zu großen Teilen fast paritätisch aufgestellt gewesen, habe aber gar nicht gezogen. Dies sei der große Unterschied zu anderen Parteien wie der FDP, der SPD und den Grünen. Bei ihrer Partei ziehe die Liste in vielen Bundesländern nicht, während sie bei anderen Parteien sehr wohl zum Tragen komme. In Bundesländern, in denen die Liste ziehe, gebe es bereits zu großen Teilen eine paritätische Listenaufstellung.

Wenn jedoch etwa 85 Prozent der Abgeordneten über Direktmandate in den Deutschen Bundestag einziehen und nur rund 15 Prozent über die Liste, könne man keine breitflächige paritätische Listenaufstellung erreichen. Die Frage ist also nicht nur, ob es eine Quote geben sollte – sondern auch, ob Frauen realistische Chancen auf Mandate haben.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Frauenquote
Im Bundestag sind wieder weniger Frauen vertreten
vom 07. März 2025
Moderatorin: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Christina Stumpp, CDU Bundestagsabgeordnete
Gesprächspartnerin: 
Annika Säuberlich, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin