Um sich auf mögliche Ernstfälle vorzubereiten, sucht das französische Verteidigungsministerium aktuell Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren.
Kein Witz: Das französische Verteidigungsministerium sucht Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren. Die sollen mögliche Terror- und Kriegsszenarien entwerfen, in die Frankreich verwickelt werden könnte. Mit Hilfe dieser Planspiele will sich das Ministerium besser auf solche Szenarien vorbereiten.
Dass dazu eigens Kreative aus der Welt jenseits des Ministeriums gesucht werden, hat nichts damit zu tun, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums nicht selbst etwas ausdenken können, erklärt ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt. Die beschäftigen sich natürlich auch mit möglichen Katastrophen. Aber um nicht nur im eigenen Saft zu schmoren, wollen die Verantwortlichen wissen, was sich auch kreative oder verwirrte Köpfe ausdenken, so Holger Schmidt.
Auch der Gegner ist kreativ
Das soll nicht etwa despektierlich klingen. Im Gegenteil. Auch die Gegner von Staaten, Polizeibehörden und Nachrichtendiensten machen sich kreative Gedanken, wie sie möglichst spektakulär den nächsten Coup landen können. Das beinhaltet natürlich, möglicherweise auch die Grenzen des Legalen zu überschreiten. Und manchmal auch des allgemein Vorstellbaren, wie die Anschläge des 11. September 2001 gezeigt haben.
"Die Gegner wissen ganz genau, wenn sie einen spektakulären Anschlag durchführen wollen, der richtig spektakulär ist, dann müssen sie etwas machen, was es bis dahin nicht gab."
Dass Frankreich sich auf eben solche Horror-Szenarien mit Hilfe von Schriftstellerinnen und Schriftstellern vorbereiten möchte, klingt ungewöhnlich. Dass aber Ministerien externen Sachverstand einholen, um sich beraten zu lassen, ist relativ normal. Und da kann eben auch Science Fiction helfen.
Der Roman "Blackout" zum Beispiel von Marc Elsberg, in dem der Autor die katastrophalen Auswirkungen eines großflächigen Stromausfalls in Europa in einem Zeitraum von zwei Wochen erzählt, hat für viele Menschen, die sich mit kritischer Infrastruktur beschäftigen, nochmal ein neues Licht auf das Szenario geworfen. Denn durch das Buch haben sie viele Detailprobleme erst erkannt, die sich der Autor auf Basis seiner Recherchen ausgedacht hat.
"Man kann von Romanschreibern auch lernen, eben weil sie sich kreative Gedanken machen."
Die Ausschreibung des französischen Verteidigungsministeriums könnte auch eine Möglichkeit sein, neues Personal für den Nachrichtendienst zu werben. Unüblich ist das nicht. So veröffentlichen Nachrichtendienste mitunter Verschlüsselungsrätsel, an denen sich interessierte Menschen ausprobieren können. Wer Spaß an sowas hat und das Rätsel knackt, dem wird nahegelegt, sich doch mal zu bewerben.
Ein solches Rätsel gibt es auch in ganz groß und für alle zugänglich: Nämlich als Skulptur vor dem Gebäude der CIA in Langley, im US-Bundestaat Virginia. "Kryptos" wurde vom US-amerikanischen Bildhauer James Sanborn kreiert und am 3. November 1990 eingeweiht. Drei der vier Teile der Nachricht wurden inzwischen entschlüsselt. An Teil vier rätseln Kryptologen aus aller Welt noch bis heute – obwohl der Künstler inzwischen Hinweise zur Lösung gegeben hat.