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Tausende geflüchtete Menschen wollen die Türkei verlassen und in die Europäische Union. Einige Hundert von ihnen sind auf den griechischen Inseln angekommen, wie Lesbos, wo sie die Polizei am Hafen festhält. Die Atmosphäre ist dort sehr feindselig, berichtet unser Korrespondent. Rechtsextremistische selbst ernannte Bürgerwehren bedrohen Helferinnen und Helfer.

Seitdem die türkische Regierung geflüchtete Menschen nicht mehr daran hindert, in die Europäische Union (EU) zu gelangen, machen sich Tausende von ihnen auf den Weg zur griechischen Grenze. Hunderte von ihnen haben mittlerweile die griechischen Inseln erreicht, unter anderem auch Lesbos.

Aktuell ist die Situation dort sehr angespannt, berichtet ARD-Korrespondent Thomas Bormann aus Lesbos. Denn: Im Flüchtlingslager Moria leben schon 20.000 geflüchtete Menschen – eigentlich ist dort für nur 3000 Menschen Platz. Die Zustände in Moria sind dementsprechend katastrophal, sagt Thomas Bormann. Viele der Geflüchteten leben mittlerweile außerhalb des Flüchtlingslagers im Wald. Dort haben sie sich notdürftige Hütten aus Baumzweigen und Plastikstücken gebaut. "Sie leben darin ohne fließendes Wasser, ohne Strom, ohne Kanalisation. Viele leben dort auch mit ihren kleinen Kindern", erzählt er.

Zu den 20.000 Geflüchteten kommen immer mehr

Seit der Grenzöffnung kommen immer mehr geflüchtete Menschen nach Lesbos. Bisher haben es zehn bis zwanzig Schlauchbooten an die Küste der Insel geschafft. Dort, am Hafen, hält sie die griechische Polizei zwischen Absperrgittern unter freiem Himmel fest. Denn: Statt in das Flüchtlingslager nach Moria, sollen sie auf das griechische Festland gebracht werden, so heißt es inoffiziell.

"Die neu angekommenen Flüchtlinge sollen nach Athen gebracht werden und dort in ein geschlossenes Lager gesteckt werden."
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent auf Lesbos

Dorthin sollen auch die 20.000 anderen Geflüchteten aus Moria kommen, fordern die Inselbewohnerinnen und Inselbewohner. In den vergangenen fünf Jahren ist ihre Frustration über das überfüllte Flüchtlingslager immer weiter hochgekocht, berichtet der ARD-Korrespondent. Der Ruf ihrer Insel sei ruiniert, weil auch die Touristen nicht mehr nach Lesbos kommen würden.

Bevölkerung auf Lesbos ist frustriert von Geflüchteten

"Die Atmosphäre auf Lesbos wird immer feindseliger", sagt Thomas Bormann. Sobald es dunkel ist, ziehen seit ein paar Tagen rechtsextremistische selbst ernannte Bürgerwehren über die Insel. Ihr Ziel: Sie drohen den Helferinnen und Helfern der Hilfsorganisationen. "Sie haben die Logik: Wenn die Helfer weg sind, sind irgendwann auch die Flüchtlinge weg", erklärt er. Viele der Freiwilligen haben daher Lesbos mittlerweile verlassen. Auch eine Kinderklinik der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen ist geschlossen, weil die Flüchtlingsgegner Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeiter bedroht haben sollen.

"Hier sind inzwischen Schlägertrupps von rechtsextremen Parteien unterwegs, die bisher nicht Flüchtlinge anfeinden, aber auf die Helfer von Hilfsorganisationen losgehen."
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent auf Lesbos

"Die anderen EU-Länder lassen Griechenland quasi im Regen stehen", erklärt der ARD-Korrespondent. Denn: Haben es Geflüchtete einmal auf die griechischen Inseln geschafft, sollen sie dortbleiben, bis es eine Entscheidung zu ihrem Asylantrag gibt. Kommen die geflüchteten Menschen auf das griechische Festland, befürchtet die EU, dass sie weiter in andere EU-Länder ziehen.

Shownotes
Griechische Inseln
Flüchtlingslager Moria: Auf Lesbos wird die Atmosphäre immer feindseliger
vom 03. März 2020
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Thomas Bormann, ARD-Korrespondent auf Lesbos