Die Arbeitsbedingungen in der Fleischfabrik Tönnies sind schlecht. Viele Menschen leben zusammengepfercht in ihren Unterkünften und werden ausgebeutet. Darüber wird gerade viel berichtet. Die Fleischkonsumenten seien dafür aber nicht verantwortlich, sagt der "Grillfluencer" Klaus Glaetzner.
Seit dem Corona-Ausbruch bei Tönnies ist der Einsatz von Billiglohnarbeitern in der Fleischindustrie ein großes Thema, es wird über "moderne Formen der Sklaverei" diskutiert. Manche Menschen ziehen Konsequenzen oder machen sich zumindest Gedanken darüber, wie sie leben wollen, was sie essen wollen und welche Auswirkungen das auf die Zukunft unseres Planeten hat. Aber was ist mit denen, die einfach leidenschaftlich gern am Grill stehen und Fleischkonsum als Lebensqualität sehen? Wir haben mit dem "Grillfluencer" Klaus Glaetzner gesprochen.
"Der Kunde ist nicht Schuld"
Klaus Glaetzner ist Grillfluencer. Er betreibt einen eigenen Youtube-Kanal mit über 300.000 Followern sowie einen Instagram-Account zum Thema. Ihm bleibt die Wurst bisher nicht im Hals stecken, hat er uns erzählt. Es sei wichtig, zu differenzieren und zu schauen, wer für die Arbeitsbedingungen verantwortlich ist.
"Ich differenziere ganz klar: Wer ist denn für die Arbeitsbedingungen verantwortlich? Der Zeitgeist sagt, das ist der Kunde. Das ist aber eine völlig neumodische Erscheinung der letzten drei, vier Jahre."
Dass der Kunde mit seinem Konsumverhalten selbst Dinge mitverursache, sei "eine völlig neumodische Erscheinung der letzten drei, vier Jahre", so Glaetzner. Er sei selbst Unternehmer – und wer sei in seinem Unternehmen für die Arbeitsbedingungen verantwortlich? Er selbst natürlich, sagt er. Genauso funktioniere das letztlich auch in der Fleischindustrie.
Wettbewerb der Fleischbarone
Momentan werde alles auf den Verbraucher heruntergebrochen – dieser sei Schuld, dass die Fleischpreise so billig sind. Die Verbraucher hätten aber auch alle gerne billiges Benzin oder ein billiges Smartphone - trotzdem bekämen sie das nicht.
Der Preiskampf finde nicht im Kühlregal statt, sagt Klaus Glaetzner, sondern unter den Fleischfabrikanten. Was im Supermarktregal lande, sei nur "die Spitze des Eisbergs". Unglaublich viel gehe in den Export und in die Zweit- und Drittverwertung. Für Schnauze und Füße eines Schweins bekomme man etwa in China "Unsummen", sagt der Fleisch-Liebhaber.
Natürlich würde der Kunde im deutschen Supermarkt erstmal zur günstigeren Schinkenwurst greifen – ob sie jetzt 49 Cent oder 1,49 Euro kostet. Dass sie so billig sei, liege aber nicht an den Kunden.
"Der Wettbewerb findet nicht im Kühlregal statt, sondern unter den Fleischbaronen. Der Kunde ist nur Spielball."
Sein Fleisch kauft Klaus Glaetzner sowohl beim Metzger als auch beim Onlinehändler oder im Supermarkt.
Qualität hat ihren Preis
Auf die günstigsten Produkte verzichtet er aber, weil sie nicht seinen Qualitätsansprüchen genügen. Günstiges Fleisch enthalte oft sehr viel Wasser, und das sei nicht optimal - weder beim Grillen, noch in der Pfanne.
"Lange Zeit haben sich Landrat und Bürgermeister mit dem Fleischfabrikanten feiern lassen. Und jetzt ist er der Arsch der Nation. Die Frage ist: War er das nicht schon immer?"
Dass ein Landrat oder Bürgermeister plötzlich den Fleischfabrikanten zum Feindbild erklärt, nervt Klaus Glaetzner. Denn lange Zeit habe er sich "mit ihm feiern lassen, dem tollsten Typ der Stadt, der den Sportplatz renoviert hat". Und heute sei er "der Arsch der Nation".
Fleisch-Alternativen
Dass wir zu Gunsten des Planeten wahrscheinlich alle langfristig ein bisschen weniger Fleisch essen sollten, sieht Klaus Glaetzner auch so. Auch Fisch, Käse und Gemüse kommen bei ihm auf den Grill.
"Ich esse sehr gerne Fleisch, alles andere wäre gelogen. Aber man kann nicht den ganzen Tag nur Fleisch essen, dann stirbst du irgendwann."
Jeder solle selbst für sich entscheiden, ob er Fleisch essen möchte. Klaus Glaetzner empfiehlt, sich wirklich selbst mal einen Schlachthof anzuschauen. Diejenigen, die danach sagen, sie könnten das mit gutem Gewissen akzeptieren, könnten auch weiterhin Fleisch essen, findet er. Und wenn die Antwort negativ ausfällt, dann sei das natürlich auch völlig in Ordnung.
"Ich finde an Vegetariern überhaupt gar nichts Schlimmes."