Es war ein bisschen tot geglaubt, das gute alte Kino. Inzwischen gilt es für Cosplayer und Hardcore-Fans als Event-Location. Doch die Wiederentdeckung des Kinos hat nicht nur mit Filmliebe zu tun, sondern mit Strategie, Geld und Tiktok.
Zwischendurch ein paar Minuten Zeit. Also, Handy raus und ein bisschen durch Tiktok scrollen. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Giovanni Fania sieht auf seiner For-You-Page: eine Rede im Bundestag, einen sprechenden Hund, eine Buchrezension zu einem Fantasy-Roman, ein Rezept für die Heißluftfritteuse und einen Film-Trailer. Marvel-Fans erkennen ihn sofort: "Venom – The Last Dance". Der Trailer ist das meistkommentierte Film-Tiktok weltweit – über 20 Millionen Kommentare.
Marketing trifft auf Filmliebe
#FilmTok ist inzwischen so etwas wie ein digitaler Filmclub für Kinofans. FilmToker analysieren Handlung, Inszenierung und Produktion eines Films. Andere Creator*innen machen bei Trends mit: Challenges, Outfit-Tipps, Cosplays. Es gibt Aufnahmen aus Kinosälen, wo verkleidete, geschminkte Fans zu sehen sind.
Das steigert die Vorfreude, mitzumachen. Und es steigert die Ticketverkäufe, wie Giovanni Fania vor einem Kino in Bonn selbst beobachtet. Eine Person erzählt ihm: "Wenn ich sehe, dass sich die Leute Wicked verkleidet anschauen, überlege ich auch schon mal, mir ein Ticket zu kaufen, was ich sonst nicht tue."
"Ich habe immer wieder weitere Tiktoks dazu bekommen und das Ding ist, es war richtig geil, ich hatte richtig Bock bekommen, den Film dann zu sehen."
Was wir auf Tiktok sehen, beeinflusst unseren Kinobesuch, dafür gibt es laut Giovanni Fania drei Gründe:
1. Hype-Faktor: Wenn alle drüber reden, will ich mitreden.
2. Emotionale Reaktionen: Wenn ich sehe, dass Leute im Kino weinen oder geschockt dasitzen, will ich wissen, warum.
3. Kinobesuch als Event: Wenn ich sehe, wie Leute ihre Outfits auf den Film abstimmen und kreativ werden, bekommt das Event-Charakter.
Social Media macht den Kinobesuch zu einem Fan- und Gemeinschaftsevent und zwar weit über die Leinwand hinaus, resümiert der Reporter. Das sei attraktiv und rege dazu an, sich nicht nur für den Film, sondern vor allem für das Erlebnis ein Ticket zu kaufen.
"Große Produktionsfirmen können ihre Filme gezielt pushen und viel Geld in Werbeanzeigen, Influencer-Kooperationen und Trends stecken."
Doch es gibt auch eine Schattenseite, stellt Giovanni Fania fest: Nicht jeder Film schafft es in die Trends. Indie-Filme und Newcomer haben es auf der Plattform nicht so leicht. Ihnen fehlt oft das Geld fürs Marketing. Große Produktionsfirmen mit bereits bekannten Filmreihen haben in jedem Fall Vorteile.