Ob ein Film erfolgreich sein wird oder nicht, galt bisher als nicht vorhersehbar. Seit Netflix und Co. präzise Daten über das Sehverhalten der User sammeln, hat sich das geändert.
Wie soll man im Vorhinein herausfinden, wie viele Zuschauer ein Film haben wird? "Hollywood funktioniert klassischerweise so: Keiner weiß, was passieren wird. Ob jemand ins Kino gehen wird oder nicht", sagt Thorsten Hennig-Thurau, Professor für Marketing und Medien an der Universität Münster. In der Regel wurde bisher also nach dem Baugefühl entschieden, ob ein Film oder eine Serie produziert oder eingekauft wird.
Das war mal.
Netflix hat die Serie "House of Cards" für angeblich 100 Millionen US-Dollar gekauft. Das bedeutet ein großes Risiko, das Netflix so gut wie möglich minimieren will. Und so hat ein Algorithmus errechnet, wie viele Zuschauer "House of Cards" bekommen könnte. Kriterien waren zum Beispiel:
- Wie viele User schauen Polit-Thriller?
- Wie viele schauen die Filme von David Fincher?
- Wie viele Zuschauer stehen auf Kevin Spacey?
Für Streamingplattformen wie Amazon und Netflix ist das einfach: Sie wissen von jedem Nutzer, was er schaut, wie er auf einen Film gestoßen ist, wann geguckt wird und wie lange und an welcher Stelle des Films jemand ausgestiegen ist. Netflix beschäftigt angeblich 800 Ingenieure, die ausschließlich die Algorithmen optimieren.
In die Vorhersage, welche Filme erfolgreich sein werden, fließen zusätzlich von Nutzern generierte Geschmacksdaten. Die findet man zum Beispiel auf Facebook oder auf speziellen Plattformen wie Movielens. Hier geben User an, welche Filme sie mögen. Sie bekommen dann Vorschläge, welche ihnen sonst noch gefallen könnten.
Doch die wertvolleren, präziseren Daten erheben Netflix, Amazon und Co. Und die geben sie auch nicht heraus.
"Wenn sie einen Film an Netflix verkaufen, dann weiß niemand, wie viele Menschen diesen Film gesehen haben, wie viele davon Männer und Frauen und jung und alt sind. Außer Netflix. Das machen die ganz bewusst, weil sie die Macht dieser Daten kennen. Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts. Das gilt auch für die Kulturwirtschaft."
Doch so nützlich die Daten für Netflix und die anderen großen Produzenten sind - Informationen über die Vorlieben der Zuschauer werden auch den kleinen Produktionen nutzen. Denn komplette Bruchlandungen können bei vorheriger Marktsondierung verhindert werden.
Jannis Funk ist ein kleiner Filmemacher. Er hat an der Filmhochschule in Babelsberg studiert, arbeitet in Berlin als Produzent und promoviert gerade zum Thema Datenerhebung bei Filmen und Serien. Er sagt: "Ich glaube, das kann eher zu mehr Vielfalt führen. Es kommt eigentlich immer raus, dass das datenbasierte Modell empfehlen würde, mehr kleinere und vielfältigere Filme zu produzieren."