Die Außenpolitik soll feministisch werden. Dafür legt Außenministerin Annalena Baerbock ein Papier vor. Daran mitgeschrieben hat Kristina Lunz. Die Aktivistin fordert Gleichberechtigung, auch um Gewalt zu verhindern. Traditionelle Außenpolitik hätte keine guten Resultate hervorgebracht.
Heute (1. März) stellen Außenministerin Annalena Baerbock und Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Leitlinien für eine feministischere Außen- und Entwicklungspolitik vor.
Die Idee einer feministischen Außenpolitik ist nicht neu. Aber in Deutschland wird sie mit diesem Konzept zum ersten Mal auf staatlicher Ebene konkret umgesetzt, so Kristina Lunz. Die Autorin und Aktivistin hat an dem rund 80-seitigen Papier mitgeschrieben. Sie ist Mitbegründerin des Zentrums für Feministische Außenpolitik (Centre for Feminist Foreign Policy, kurz CFFP), einer gemeinnützigen GmbH.
Feministische Außenpolitik will Gleichberechtigung fördern
Laut Papier soll es eine Botschafterin oder einen Botschafter für feministische Außenpolitik geben. Das Personal im Auswärtigen Amt soll zu den Themen Sexismus und sexuelle Belästigung geschult werden. Außerdem sollen mehr Führungspositionen von Frauen begleitet werden.
Für Kristina Lunz sind das wichtige Punkte. "Aber es geht noch viel weiter", sagt die Aktivistin. Es gehe auch darum, ein anderes Denken anzustreben. Der Fokus traditioneller Außenpolitik seien vor allem militärische Sicherheit und wirtschaftliche Interessen.
Beide Kriterien hätten die Welt aber nicht sicher gemacht, bemerkt Kristina Lunz. Armut, Konflikte und die Klimakrise seien keine guten Resultate traditioneller Außen- und Sicherheitspolitik.
"Feministische Politik zu machen bedeutet, zu prüfen, wie Macht und Ressourcen verteilt sind."
Feministische Politik hingegen will Gleichberechtigung weltweit fördern, so Kristina Lunz. Wie Macht und Ressourcen weltweit verteilt sind, sei eine entscheidende Frage. Ob ein Land zu Gewalt bereit ist, auch einen Krieg zu führen, sei abhängig vom Niveau der Gleichberechtigung in diesem Staat.
Praktisch bedeute das, zu schauen, wie zum Beispiel innerhalb der Nato, ebenso im Rahmen der EU eine Politik betrieben werden kann, die Gleichberechtigung fördert. Gelder sollen in Projekte fließen, die zur zivilen Konfliktprävention beitragen, die für Menschenrechte und Sicherheit sorgen.
"Wie können wir Gelder besser investieren, um Projekte zu fördern, die weltweit zur zivilen Konfliktprävention, zur Förderung von Menschenrechten und menschlicher Sicherheit beitragen."
Als Grundlage einer feministischer Außenpolitik sieht Kristina Lunz den intersektionalen Feminismus. Dieser hat weitere Formen der Diskriminierung im Blick: Neben dem Geschlecht eben auch Alter, Bildung oder Herkunft.
Die Unterdrückung von Frauen weltweit hänge auch zusammen mit der Unterdrückung von Menschen aufgrund solcher Faktoren. "Es geht darum, das gleichzeitig zu denken und zu beenden", fordert Kristina Lunz. Das Ziel feministischer Außenpolitik sei eine Welt, die stabil und sicher für alle ist.
"Das bedeutet, dass wir verstehen und anerkennen, dass die Unterdrückung von Frauen weltweit genauso zusammenhängt mit der Unterdrückung von Menschen aufgrund anderer Faktoren."
Doch zurzeit gibt es für viele Menschen weltweit kein sicheres und stabiles Leben. Das gilt auch für die Menschen in der Ukraine.
Waffen an die Ukraine zu liefern, sei kurzfristig notwendig, um ihnen zu helfen, so Kristina Lunz. Doch auf lange Sicht sei das keine aufrichtige feministische Außenpolitik. "Da wir akut in einem Zustand der Hypermilitarisierung sind und der sehr hohen Gewaltbereitschaft, müssen natürlich alle Menschen die von brachialer Gewalt betroffen sind, in ihrer Selbstverteidigung unterstützt werden."
Sie fordert aber auch, dass es Sondervermögen gibt, um zum Beispiel zivile Konfliktprävention zu fördern, Mediation, Diplomatie, feministische Zivilgesellschaften oder auch Menschenrechtsverteidiger*innen.
Schweden hat Erfahrung mit feministischer Außenpolitik
Diese Forderungen sollen in Deutschland die Außenpolitik künftig mit prägen. In rund zehn Ländern weltweit wird oder wurde feministische Außenpolitik auf Regierungsebene praktiziert. Dazu gehört zum Beispiel Schweden.
Die Außenministerin Margot Wallström führte diese ein. Ihr Nachfolger passte das Konzept an.