Wer in Berlins angesagte Techno-Klubs möchte, braucht mehr als nur Geduld in der Warteschlange – gefragt ist auch ein gewisses Etwas. Was genau das ist, hat ein internationales Forschungsteam zu entschlüsseln versucht.

Michael Kleinaltenkamp ist emeritierter Wirtschaftswissenschaftler der FU Berlin und einer der Autoren der Studie mit dem Titel "Curating the Crowd: How Firms Manage Social Fit to Stage Social Atmospheres". Kleinaltenkamp hat den Dokumentarfilm "Berlin Bouncer" über drei berühmte Türsteher gesehen und ist dadurch neugierig geworden, nach welchen Kriterien die Einlasskontrollen genau funktionieren – auch aus ökonomischer Perspektive.

Klubkultur: Kernprodukt Atmosphäre

Kleinaltenkamp und die anderen Forschenden führten für ihre Studie Gespräche mit 35 Personen aus der Berliner Klubszene – darunter Selekteurinnen, Türsteher, Klubbetreibende und DJs. Überraschend offen seien die Gesprächspartner gewesen, sagt Kleinaltenkamp. Das habe ihn selbst erstaunt – vielleicht auch, weil Berliner Türsteher gemeinhin als ziemlich harte Hunde gelten.

Paradox: Angepasst sein und trotzdem hervorstechen

Bei der Auswahl am Klubeingang gebe es ein gewisses Paradox, so die Forschenden: Als interessierter Klubmensch muss man einerseits angepasst erscheinen, aber gleichzeitig auch aus der Reihe hervorstechen.

"Du musst als interessierter Klubmensch einerseits angepasst erscheinen aber dann auch wieder aus der Reihe hervorstechen."
Michael Kleinaltenkamp, Studienautor

Einige Ausschlusskriterien seien offensichtlich: Man sollte an der Tür nicht durch schlechtes Verhalten oder Drogenkonsum auffallen und auch den Dresscode beachten. Bei Techno ist Schwarz wichtig, wobei man sich mit einem auffälligen Kontrapunkt zugleich wieder abheben kann.

Zudem sollte man sich der Szene zugehörig zeigen – wissen, wer an diesem Abend auflegt, um welchen Musikstil es geht und welche Regeln im Klub herrschen.

"Der entscheidende Punkt ist, das man auch noch was Besonderes hat. Und dieses Besondere kann eben alles Mögliche sein."
Michael Kleinaltenkamp, Studienautor

Außerdem sei es wichtig, trotzdem noch etwas Besonderes zu haben. Das könne alles Mögliche sein – extravagante Kleidung, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe... bis hin zu einer bestimmten Energie, die man beim Kommen ausstrahlt.

Einlass: Fairness bleibt oft auf der Strecke

Wirklich gerecht sei das Auswahlverfahren aber nicht, so die Forschenden. Das bestätigt auch Steve, der jahrelang als Türsteher und Selekteur gearbeitet und die Berliner Klubkultur seit dem Mauerfall miterlebt hat. Er sagt, dass er nicht fair sein könne, wenn er so viele Leute abweisen müsse. Schließlich habe er nur eine begrenzte Zahl an Plätzen im Klub.

"Ich achte ganz viel darauf, wer freundlich ist, wer aufgeschlossen ist."
Steve, Türsteher aus Berlin

Steve erklärt, für ihn sei an der Tür besonders Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit wichtig. Fakt ist, dass Türsteher eine große Verantwortung tragen, um zu verhindern, dass die Stimmung im Klub kippt oder es zu Belästigungen und Gewalt kommt. Klubs sollen einen geschützten Raum bieten. Steve sagt, am Ende entscheidet oft auch das Bauchgefühl.

Das Bauchgefühl als Auswahlkriterium mag schwammig erscheinen, sagt unser Reporter Johannes Kulms. Doch die Studie helfe trotzdem weiter – besonders wenn man sich fragt, warum man nicht hereingelassen wird, obwohl man alles beachtet hat.

Das Forscherteam zeigt auch, dass die Zulassungsbedingungen sich schnell ändern können – je nach Gästezusammensetzung im Klub. An einem Abend kommst du mit einem Banana-Outfit rein, am nächsten nicht, weil es schon genug davon gibt. Es kommt auf die Mischung an und die passende Auswahl erfordert eine gute Menschenkenntnis.

Shownotes
Feiern im Klub
Türsteher: Wer reinkommt – und wer nicht
vom 07. April 2025
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Johannes Kulms, Deutschlandfunk-Nova-Reporter