Fehler passieren. Das ist nichts, worüber wir uns zu stark den Kopf zerbrechen sollten. Eher sollten wir überlegen, wie wir Missgeschicke kommunizieren. Eine gute Taktik: offen damit umgehen.

Fehler passieren, meist ist das nicht schlimm – aus jedem Fehler lernen wir ja auch. Daher gehören sie zur Persönlichkeitsentwicklung und möglicherweise auch zur Arbeitskultur. Doch gerade im Job geben wir nicht gern zu, dass nicht alles perfekt läuft. Im Fehlerkultur-Report 2023 eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens steht, dass wir die meisten Fehler bei der Arbeit eher vertuschen. 800 Angestellte und 200 Führungskräfte wurden befragt. Demnach sei den Führungskräften ein positiv-konstruktiver Umgang mit Fehlern zwar wichtig, 64 Prozent der Befragten leben dies im Alltag allerdings nicht aus. Viele haben offenbar Angst, ihr Gesicht zu verlieren – wenn sie Fehler zugeben.

"64 Prozent der Führungskräfte geben an, eigene Fehler gar nicht oder nur teilweise zuzugeben. In der Finanzbranche sind es mehr als 80 Prozent gewesen."
Sebastian Sonntag, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Fehler als Möglichkeit wahrnehmen

Das könnte erklären, warum die Fehlerkultur in Deutschland ist, wie sie ist. Damit unterscheiden wir uns aber nicht unbedingt von anderen Ländern, sagt die Arbeitspsychologin Tabea Scheel. "Die deutsche Fehlerkultur im Job ist ziemlich ähnlich zu anderen Ländern. Generell spricht man am liebsten nicht über Fehler. Es wird versucht, die Organisationskultur so hinzubiegen, dass versucht wird, Fehler zu vermeiden." Selten würden Fehler als Lernmöglichkeit betrachtet oder als Möglichkeit, um voranzukommen.

Daraus folgt aber nicht unbedingt, dass wir Fehler immer direkt zugeben müssen, meint Deutschlandfunk-Nova-Reporter Sebastian Sonntag. "Wir können immer auch abwägen, ob der Fehler nur einen selbst betrifft oder auch andere."

Dann ist es fair und richtig, einen Fehler anzusprechen. Es kann auch sinnvoll sein, einen Fehler gezielt anzusprechen. Das gilt vor allem für Führungskräfte, weil sie so signalisieren können, auch nicht perfekt zu sein und "dass nun mal allen Fehler passieren."

Durch einen offenen Umgang mit Missgeschicken kann sich der Umgang damit langfristig verbessern. Arbeitspsychologin Tabea Scheel würde das begrüßen. Da wir ohnehin Fehler begingen, stresse es uns nur noch mehr, diese Fehler zu vertuschen. Und das führe dann zu Folgefehlern. "Aus meiner Sicht wäre es sinnvoller, sich einzugestehen, dass wir Fehler nicht komplett verhindern können – die Welt wird ja auch komplexer. Deswegen sollten wir uns zumindest von diesem Stress ein wenig befreien."

Rücktritte und Entlassung wegen Fehlern

Dennoch wird in unserer Gesellschaft häufig erwartet, dass jede*r fehlerfrei handelt. Bei Politiker*innen fordern viele Konsequenzen, wenn nicht alles reibungslos läuft. Diese Stimmen kommen dann meist von Oppositionsparteien. So gab es im Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz bereits zwei Rücktritte auf Ministerinnen-Ebene im Zusammenhang mit Fehlern.

Die ehemalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte Ende 2022 nach Presseberichten über Missstände bei der Bundeswehr ihren Rücktritt vom Amt. Zuvor trat Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) von ihrem Posten zurück. Der Hintergrund: Kritik an ihrem Verhalten als rheinland-pfälzische Umweltministerin beim Hochwasser an der Ahr im Jahr 2021. Auch im Profisport müssen Trainer*innen oder Athlet*innen oft ihren Hut nehmen, wenn es nicht läuft. Regelmäßig lesen wir von Entlassungen, zuletzt erwischte es Julian Nagelsmann, Trainer des FC Bayern München, weil der Verein nicht mit seinen Entscheidungen zufrieden war.

Im Gesundheitsreport 2022 des BKK Dachverbands kam heraus, dass psychische Störungen, zum Beispiel hervorgerufen durch Stress, die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit sind. Unser Reporter plädiert auch deshalb dafür, konstruktiver mit Fehlern umzugehen. "Vielleicht werden dann auch mutigere Entscheidungen getroffen, weil nicht jede*r davor Angst haben muss, einen Fehler zu machen", hofft Sebastian Sonntag.

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Shownotes
Fehlermanagement
Was wir tun können, wenn nicht alles perfekt läuft
vom 11. April 2023
Moderation: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Sebastian Sonntag, Deutschlandfunk-Nova-Reporter