In der FDP wurde das Ende der Ampel genau vorbereitet. Die Führung will davon nichts gewusst haben, dennoch treten jetzt Generalsekretär und Geschäftsführer zurück. FDP-Mitglied Tarek Carls findet seine Partei peinlich und wünscht sich Konsequenzen.
Es geht ordentlich ab in der FDP, nachdem das Dokument öffentlich wurde, indem die liberale Partei genaue Szenarien für das Ampel-Aus durchgespielt. Wörtlich ist von "D-Day" und "der offenen Feldschlacht" die Rede. Medial sorgen der Inhalt und die Formulierungen für Aufsehen, im Berliner Politikbetrieb brodelt es. Auch an der Basis sind einige unzufrieden, sogar empört, darunter Tarek Carls, Mitglied bei der FDP und den Jungen Liberalen. Er vertraut der Parteispitze nicht mehr und schämt sich für seine Partei.
Politik zwischen Verantwortung und Glaubwürdigkeit
Aber mal von vorne: Mitte November 2024, kurz nachdem die Ampelkoalition zerbrochen ist, veröffentlichen Die Zeit und die Süddeutsche Zeitung Recherchen, die nahelegen, dass die FDP den Koalitionsbruch wochenlang geplant haben soll, fasst Johannes Döbbelt, DLF-Nova-Reporter, das Geschehen zusammen. Die FDP, allen voran Christian Lindner, wollte in dieser Veröffentlichung zunächst keinen Skandal sehen. Doch zwei Wochen später ist das Papier öffentlich. Und darin finden sich tatsächlich Begriffe und Ideen, die die FDP zuvor öffentlich bestritten hatte. Die Folge: Zwei FDP-ler, Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Karsten Reimann, treten von ihren Ämtern zurück.
"Wir haben mit diesem Papier ganz blöd in die Kacke gepackt. Das ist einfach nicht zu leugnen."
Nach aktuellen Aussagen soll die Parteispitze nichts von dem Strategiepapier gewusst haben. "Ich halte es ehrlich gesagt für relativ unwahrscheinlich, dass die Parteispitze nichts von dem Papier wusste, vor allem wenn man weiß, dass Carsten Reimann ein enger und vertrauter Mitarbeiter von Christian Lindner war", sagt Katharina Katharina Hamberger, DLF-Nova-Korrespondentin in Berlin. Vielleicht, vermutet die Korrespondentin, hat die Partei sich nach immer größer gewordenem Druck für diesen Weg entschieden, um Christian Lindner in seiner Position zu schützen.
FDP-Mitglied Tarek Carls spricht in diesem Zusammenhang von "Unverfrorenheit", die man besitzen muss, wenn auch nach der Veröffentlichung des Papiers nicht die Verantwortung dafür übernommen wird. "Also hier jetzt die Mitarbeiter unter dem Bus zu werfen und zu sagen, davon wussten wir nichts, das zeigt entweder, dass man eine blanke Lüge verzapft hat oder dass man wirklich gar keine Ahnung hat, was in der eigenen Partei vor sich geht."
"Es bleibt schon noch ein Fragezeichen, wie wahrscheinlich ist, dass ein Generalsekretär nicht weiß, was ein Bundesgeschäftsführer ausarbeitet."
Neben der Frage danach, wer was wusste, steht noch eine andere Frage im Raum: Wie skandalös ist das Strategiepapier wirklich? Die FDP argumentiert, dass auch die SPD mit dem Ampel-Aus gerechnet und sich darauf vorbereitet hat. Angesichts der Tatsache, dass es zwischen den Regierungsparteien dauerhaft geknirscht hat, ist es völlig normal, dass sowohl SPD als auch Grüne über ein vorzeitiges Ende der Koalition gesprochen haben, ordnet die Korrespondentin ein. Einen Bruch der Koalition bewusst zu inszenieren und nach Plan herbeiführen zu wollen und sich dabei allen voran als unschuldig darstellen zu wollen, so Katharina Hambergers Einschätzung.
"Es ist etwas anderes, einen Bruch bewusst herbeizuführen oder sich darauf vorzubereiten."
Die Korrespondentin berichtet schon lange über Bundespolitik und liest regelmäßig interne Papiere. Darüber sagt sie: "Ja, die sind mal flapsig und zugespitzt formuliert, aber so ein Papier wie das von der FDP habe sie noch nie gelesen." Damit meint sie auch die auf Militärsprache basierenden Formulierungen wie "Feldschlacht" oder "D-Day", ein feststehender Begriff, der für eine der größten Militäroperationen gegen Nazi-Deutschland verwendet wird.
Ein Papier mit Konsequenzen für die ganze Politik
So oder so, die FDP muss sich angesichts ihres Papiers und der daraus resultierenden Konsequenzen neu sortieren, möglicherweise wird sie bei den anstehenden Bundestagswahlen 2025 auch abgestraft, sagt Katharina Hamberger. Ihr Blick richtet sich aber über die FDP hinaus. Sie befürchtet, dass dadurch alle Parteien und die Politik im Allgemeinen leiden könnten. Die Auswirkungen dessen sollten wir nicht unterschätzen.
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