Wenn er in den Semesterferien zu Besuch bei seinen Eltern ist, können politischen Diskussionen schon mal hochkochen, erzählt Max. Ein Mediator gibt Tipps, wie wir in der Familie politisch diskutieren können, ohne dass es eskaliert.
Max studiert in Köln. Er wohnt im Kölner Stadtteil Kalk, einem Viertel, in dem Menschen aus vielen unterschiedlichen Nationen leben. Seine Eltern leben hingegen in einem schwäbischen Dorf.
Manchmal besuchen seine Eltern Max: Dann empfindet vor allem seine Mutter das Straßenbild und den Alltag in der Großstadt als beunruhigend. Max jedoch sagt, dass ihn das vielfältige Leben in seinem Viertel toleranter gemacht hat.
"Sozialpolitisch bin ich auf jeden Fall deutlich linker eingestellt als meine Eltern."
Max sieht sich politisch deutlich weiter links als seine Eltern, die eher etwas konservativer sind. Er findet, dass die Gesellschaft ärmere und sozial Unterprivilegierte unterstützen sollte, statt in diesen Menschen das Problem für gesellschaftliche Missstände zu sehen.
Max befasst sich viel umfassender mit Politik, sagt er, während seine Eltern sich meist nur mit Fragen auseinandersetzen, die ihre eigene Lebenswirklichkeit betreffen.
Als er einmal in den Semesterferien zu seinen Eltern fährt und seinen Vater sagen hört, er finde es gut, dass der US-Präsident Trump mal so richtig aufräume, ist Max mehr als überrascht.
"So dieses Klassische: 'Für Politik interessieren wir uns nicht so recht, aber wenn da mal ein Thema ist, dann wollen wir auch ganz viel darüber reden'."
Er fragt seinen Vater, seit wann er denn Milliardäre cool finde. An diesem Punkt fangen die beiden an, heftig zu diskutieren: Verbal fliegen die Fetzen, aber es gelingt ihnen dann, sich hinterher wieder zu versöhnen.
Über Politik sprechen, ohne dass das den Eltern bewusst ist
Oft gehe es in Gesprächen um politische Themen, ohne dass das seinen Eltern klar sei, sagt Max. Beispielsweise, wenn seine Eltern kritisieren, dass die Abgabenlast an die Kirche zu hoch sei. Wenn Max seine Eltern darauf hinweist, dass das ein politisches Thema sei, sind sie nicht seiner Meinung.
"Dass meine Eltern manchmal so rassistische Beißreflexe haben, ist zwar irgendwie blöd, aber ich mache weniger sie dafür verantwortlich, sondern einfach mehr die gesellschaftlichen Umstände."
Früher kam es häufiger zu Streits wegen politischer Themen, sagt Max. Manchmal lag das auch daran, dass politische und persönliche Themen vermischt wurden. Inzwischen hat Max auch mehr Verständnis, was die Einstellungen seiner Eltern angeht.
Er sieht auch den Unterschied in seiner und der Biografie seiner Eltern. Er studiert Geisteswissenschaften und hinterfragt schon dadurch viele seiner Einstellungen. Im Gegensatz dazu waren seine Eltern schon immer einfache Arbeiter beziehungsweise haben zu Hause Care-Arbeit geleistet.
Manchmal nervt es ihn auch, wenn seine Eltern irgendeine politische Ansicht auf ein Video begründen, das ihnen über einen Messengerdienst zugeschickt wurde. Oft erscheinen Max diese Inhalte fraglich oder unseriös, wenn politische Aussagen zum Beispiel nicht mit Quellen belegt werden. Aber es fällt ihm inzwischen leichter, Dinge anzusprechen, ohne dass es zu einem Streit führt.
"Ich habe Freunde, da sind die Eltern in rechten Parteien politisch aktiv und hassen queere Menschen. Und diese Freunde sind selbst queer. Da findet mehr Streit statt."
Wie unsere politischen Einstellungen sind, hat auch viel mit Sozialisation zu tun, sagt Simone Abendschön, Professorin für Politikwissenschaft an der Uni Gießen. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, ob in der Familie über politische Themen gesprochen wurde. Denn oft stimmen grundlegende politische Einstellungen in den verschiedenen Generationen weitgehend überein, sagt sie.
Aber es kann auch durchaus unterschiedliche Perspektiven auf bestimmte Themen geben, je nachdem, in welcher Lebensphase wir beispielsweise auf die Zukunft blicken, sagt Simone Abendschön.
"Die Aussage 'so wie du denkst, ist es nicht richtig', sorgt sofort für Widerstand."
Christian Reinecke arbeitet als Mediator und hilft anderen Menschen dabei, mit Konflikten umzugehen, die eskaliert sind. Er sagt, dass es in einem Streit bergab geht, wenn wir über die Stränge schlagen. Damit meint er zum Beispiel, dass eine Diskussion nicht mehr zum Ziel führt, wenn wir gar nicht mehr über das eigentliche Thema sprechen.
"Wenn ich aufgrund meiner Haltung persönlich angegriffen werde - das ist der Moment, wo man nicht mehr über die Sache redet, sondern da kriegt das so einen anderen Turn."
Sobald Menschen, mit denen wir uns unterhalten, vom Thema abweichen, und uns möglicherweise sogar persönlich angreifen und verletzende Dinge sagen, ist der Moment gekommen, um das Gespräch zu pausieren, sagt Christian Reinecke. Er rät, einfach Stopp zu sagen und vielleicht getrennt voneinander kurz in sich zu gehen, um dann wieder aufeinander zugehen zu können.
Die eigene Perspektive darlegen
"Die eigene Grundüberzeugung zu ändern, davon kann man niemanden überzeugen", sagt Christian Reinecke. Wenn man in ein Gespräch hineingeht mit der Einstellung, dass der andere Unrecht hat und das auch noch so äußert, muss man davon ausgehen, dass das zu Widerstand führt und eher zu einer Auseinandersetzung als zu einem Austausch.
Der Mediator empfiehlt stattdessen, den Gesprächspartner "in die eigene Welt einzuladen". Das heißt, zu erklären, was die eigenen Grundwerte sind, worauf man in Beziehungen zu anderen Menschen Wert legt und ähnliches. Der Mediator sagt, dass dieser Ansatz möglicherweise eher zu einem Umdenken führen kann als die Konfrontation.
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